Zusammenfassung 63219 Der Bericht Warum eine vier Grad wärmere Welt verhindert werden muss Zusammenfassung Der Bericht Warum eine vier Grad wärmere Welt verhindert werden muss November 2012 Ein Bericht für die Weltbank Erstellt vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und von Climate Analytics © 2012 by International Bank for Reconstruction and Development/The World Bank Internet: www.worldbank.org Der 4°C-Bericht: Warum eine vier Grad wärmere Welt verhindert werden muss. © 2013 by International Bank for Reconstruction and Development/The World Bank (Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung/Die Weltbank) Dieser Bericht wurde ursprünglich in englischer Sprache unter dem Titel „Turn Down the Heat: Why a 4 °C Warmer World Must Be Avoided“ von der Weltbank veröffentlicht. Die vorliegende deutsche Übersetzung wurde vom deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) vorgenommen. Das BMZ zeichnet verantwortlich für die Qualität der Übersetzung. Bei inhaltlichen Abweichungen ist die ursprüngliche Sprachversion maßgeblich. This work was originally published by The World Bank in English as Turn Down the Heat; Why a 4°C Warmer World Must Be Avoided Executive Summary in 2012. This German translation was arranged by the German Federal Ministry for Economic Cooperation and Development. The German Federal Ministry for Economic Cooperation and Development is responsible for the quality of the translation. In case of any discrepancies, the original language will govern. Deutsche Übersetzung/German translation Sybille Frey, Stockelsdorf bei Lübeck Mitwirkung an der deutschen Fassung/Contributions to the German translation Daniel Blank, Annette Lutz, Gerhard Rappold, Susanne Schwan, Inga Zachow, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Die Ergebnisse, Interpretationen und Schlussfolgerungen in diesem Bericht entsprechen nicht zwangsläufig die Ansichten der Weltbank, ihres Exekutivdirektoriums oder der in ihr vertretenen Regierungen. Die Weltbank übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit der Daten in diesem Bericht. Grenzverläufe, Farbgebungen, Benennungen und sonstige Informationen, die in den kartographischen Darstellungen dieses Berichts abgebildet sind, implizieren keine Stellungnahme der Weltbank zum völkerrechtlichen Status eines Territoriums oder eine Billigung oder Anerkennung solcher Grenzen. Rechte und Genehmigungen Das in diesem Bericht bereitgestellte Material ist urheberrechtlich geschützt. Da die Weltbank die Verbreitung ihres Wissens befürwortet, ist es gestattet, den Bericht komplett oder auszugsweise für nicht gewerbliche Zwecke zu vervielfältigen, sofern diese Quelle vollständig benannt wird. Alle Anfragen zu Rechten und Lizenzen inklusive Nebenrechten sind zu richten an das Office of the Publisher, The World Bank, 1818 H Street NW, Washington, DC 20433, USA; Fax: +1 202-522-2422; E-Mail: pubrights@worldbank.org. Danksagung Der 4°-Bericht Warum eine vier Grad wärmere Welt verhindert werden muss ist das Ergebnis einer Vielzahl von Beiträgen von Fachleuten aus aller Welt. Wir danken allen, die zu seiner Themenvielfalt und interdis- ziplinären Perspektive beigetragen haben. Der Bericht wurde von einem Team des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und von Climate Analytics verfasst, unter ihnen Hans Joachim Schellnhuber, William Hare, Olivia Serdeczny, Sophie Adams, Dim Coumou, Katja Frieler, Maria Martin, Ilona M. Otto, Mahé Perrette, Alexander Robinson, Marcia Rocha, Michiel Schaeffer, Jacob Schewe, Xiaoxi Wang und Lila Warszawski. In Auftrag gegeben wurde er vom „Global Expert Team for Climate Change Adaptation“ der Weltbank unter der Leitung von Erick C. M. Fernandes und Kanta Kumari Rigaud, das eng mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Climate Analytics zusammengearbeitet hat. Jane Olga Ebinger koordinierte das Weltbank-Team, und Rosina Bierbaum von der University of Michigan und Michael MacCracken vom Climate Institute in Washington D. C. steuerten viele wertvolle Einblicke bei. Wissenschaftliche Gutachter gaben aufschlussreiche Kommentare zu dem Bericht ab. Wir danken Ulis- ses Confalonieri, Andrew D. Friend, Dieter Gerten, Saleemul Huq, Pavel Kabat, Thomas Karl, Akio Kitoh, Reto Knutti, Anthony J. McMichael, Jonathan T. Overpeck, Martin Parry, Barrie Pittock und John Stone. Wertvolle Orientierungshilfe und Einordnungen leisteten Mary Barton-Dock, Fionna Douglas, Marianne Fay und Rachel Kyte. Für ihren Beitrag danken wir den Weltbank-Kolleginnen und -Kollegen: Sameer Akbar, Keiko Ashida, Ferid Belhaj, Rachid Benmessaoud, Bonizella Biagini, Anthony Bigio, Ademola Braimoh, Haleh Bridi, Penelope Brook, Ana Bucher, Julia Bucknall, Jacob Burke, Raffaello Cervigni, Laurence Clarke, Francoise Clottes, Annette Dixon, Philippe Dongier, Milen Dyoulgerov, Luis Garcia, Habiba Gitay, Susan Goldmark, Ellen Goldstein, Gloria Grandolini, Stephane Hallegatte, Valerie Hickey, Daniel Hoornweg, Stefan Koeberle, Motoo Konishi, Victoria Kwakwa, Marcus Lee, Marie Francoise Marie-Nelly, Meleesa McNaughton, Robin Mearns, Nancy Chaarani Meza, Alan Miller, Klaus Rohland, Onno Ruhl, Michal Rutkowski, Klas Sander, Hartwig Schafer, Patrick Verkooijen Dorte Verner, Deborah Wetzel, Ulrich Zachau und Johannes Zutt. Wir danken Robert Bisset und Sonu Jain, die uns Kontakte zu Partnern, der wissenschaftlichen Gemeinschaft und den Medien vermittelt haben. Tobias Baedeker, Perpetual Boateng und Patricia Braxton unterstützten das Team auf vielfältige Weise. Unser Dank gilt auch dem Programm Connect4Climate, das an der Produktion des Berichts mitgewirkt hat. iii iv Vorwort Ich hoffe, dieser Bericht rüttelt uns auf, sodass wir endlich handeln. Auch diejenigen unter uns, die sich schon heute für die Bekämpfung des Klimawandels einsetzen, werden sich, so meine Hoffnung, mit noch mehr Nachdruck engagieren. Dieser Bericht schildert, wie die Erde aussähe, wenn sie sich um vier Grad Celsius erwärmen würde – ein Szenario, das fast alle Wissenschaftler für das Ende dieses Jahrhunderts prognostizieren, wenn kein durchgreifender politischer Wandel stattfindet. Die 4 °C-Szenarien sind verheerend: überflutete Küstenstädte; ein erhöhtes Risiko, dass die Nahrungsmit- telproduktion zurückgeht und Unterernährungsraten steigen; viele trockene Gebiete werden noch trockener, feuchte Regionen feuchter; noch nie dagewesene Hitzewellen in vielen Regionen, vor allem in den Tropen; vielerorts verschärfte Wasserknappheit; immer häufiger auftretende schwere tropische Wirbelstürme und ein irreversibler Verlust der Artenvielfalt, zum Beispiel von Korallenriff-Ökosystemen. Vor allem aber unterscheidet sich eine „Vier-Grad-Welt“ so stark von unserer heutigen, dass sie große Unsicherheit und neue Risiken mit sich bringt, die es uns erschweren, den künftigen Anpassungsbedarf abzuschätzen und zu planen. Untätigkeit angesichts des Klimawandels bringt nicht nur die Gefahr mit sich, dass Wohlstand für Millionen Menschen in Entwicklungsländern unerreichbar wird, sondern droht auch die nachhaltige Ent- wicklung um Jahrzehnte zurückzuwerfen. Ohne Frage wissen wir schon sehr viel über die Bedrohung, mit der wir es zu tun haben. Die Wissen- schaft ist sich einig: Die Erderwärmung ist von Menschen verursacht und tiefgreifende Veränderungen sind bereits heute erkennbar: Die mittlere globale Erwärmung liegt 0,8  °C über dem vorindustriellen Niveau. Die Temperatur der Meere ist seit den 1950er Jahren um 0,09  °C gestiegen und ihre Versauerung schreitet voran. Der Meeresspiegel ist im Vergleich zum vorindustriellen Niveau um ca. 20 cm gestiegen, und er steigt weiter um 3,2 cm pro Jahrzehnt. In den vergangenen zehn Jahren gab es ungewöhnlich viele extreme Hitzewellen. Immer mehr wichtige Anbaugebiete für Nahrungspflanzen werden von Dürren heimgesucht. Obwohl die Weltgemeinschaft viel guten Willen beweist, die Erderwärmung auf maximal 2 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, wird die Überschreitung dieses Grenzwertes immer wahrscheinlicher. Wissenschaftler sind sich einig, dass es angesichts der aktuellen Reduktionsverpflichtungen und -zusagen der Länder im Kontext der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen sehr wahrscheinlich zu einem Temperaturanstieg von 3,5 bis 4  °C kommen wird. Und je länger diese Verpflichtungen und Zusagen nicht eingehalten werden, desto wahrscheinlicher wird eine „Vier-Grad-Welt“. Die Arbeit der Weltbankgruppe ist bestimmt von Daten und Fakten. Wissenschaftliche Berichte, darunter die des Weltklimarates (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen, IPCC), gaben den Anstoß, unsere Arbeit in diesem Bereich zu intensivieren. Die Ergebnisse waren ein Weltentwicklungsbericht zum Thema „Entwicklung und Klimawandel“, der unser Wissen über die Auswirkungen der Erderwärmung v vertiefen soll, ein strategischer Rahmen für Entwicklung und Klimawandel und ein Bericht, der sich mit „Inclusive Green Growth“ befasst. Die Weltbank ist einer der führenden Verfechter von ehrgeizigen Maß- nahmen gegen den Klimawandel – nicht nur aus moralischer Verantwortung heraus, sondern weil diese wirtschaftlich sinnvoll sind. Doch was geschieht, wenn es nicht gelingt, unsere Reduktionsanstrengungen zu steigern? Was bedeutet eine Vier-Grad-Welt? Der beim Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Climate Analytics in Auftrag gegebene Bericht soll uns helfen, den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis und die möglichen Auswir- kungen auf Entwicklung in einer solchen Welt besser zu verstehen. Diese Welt würde sich so dramatisch von unserer heutigen unterscheiden, dass sie nur schwer genau zu beschreiben ist. Vieles hängt von komplexen Projektionen ab und ist Auslegungssache. Wir sind uns durchaus bewusst, dass diese Szenarien mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind, und wissen, dass einige Wissenschaftler und Studien den Grad der Gefährdung anders einschätzen. Doch allein die Tatsache, dass derartige Szenarien nicht von der Hand zu weisen sind, ist Grund genug, die aktuellen Klimaschutzbemühungen zu verstärken. Für die Gesundheit und das Wohlergehen von Gemeinschaften überall auf der Welt ist es von entscheidender Bedeutung, dass Wege gefunden werden, eine Vier-Grad-Welt zu verhindern. Alle Regionen der Welt werden betroffen sein, doch am schwersten würde es die Armen und Verwundbarsten treffen. Eine vier Grad wärmere Welt kann und muss verhindert werden. Die Weltbankgruppe wird sich auch in Zukunft für internationale und regionale Vereinbarungen sowie für eine Erhöhung der Klimafinanzierung einsetzen. Wir werden unsere Anstrengungen verdoppeln, um die stark zunehmenden nationalen Initiativen zur Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes und den Aufbau von Anpassungskapazitäten zu unterstützen sowie integratives Green Growth („grünes Wachstum“) und „klima-intelligente“ Entwicklung zu fördern. Unsere Arbeit zu integrativem grünen Wachstum hat gezeigt, dass höhere Effizienz und ein umsichtigerer Umgang mit Energie- und natürlichen Ressourcen viele Chancen bieten, die Auswirkungen von Entwicklung auf das Klima erheblich zu reduzieren, ohne das Tempo von Armutsbekämpfung und wirtschaftlichem Aufschwung zu drosseln. Dieser Bericht ist eine ernst zu nehmende Mahnung, dass die Auswirkungen des Klimawandels all- gegenwärtig sind. Die Lösung des Problems liegt nicht allein in Klimafinanzierung und Klimaprojekten. Lösungen liegen vielmehr in einem wirksamen Risikomanagement und der Ausrichtung unserer gesamten planerischen und praktischen Arbeit auf die Bedrohung, die eine Vier-Grad-Welt für uns darstellt. Dieser Herausforderung wird sich die Weltbankgruppe stellen. Dr. Jim Yong Kim Präsident der Weltbankgruppe vi vii Zusammenfassung Zusammenfassung Dieser Bericht ist eine Momentaufnahme der jüngsten wissenschaftlichen Publikationen und Analysen zu den Folgen und Risiken, die mit einem Temperaturanstieg um 4 °C noch in diesem Jahrhundert voraussichtlich verbunden wären. Er ist der entschlossene Versuch, eine Reihe von Risiken zu umreißen, denen insbesondere Entwicklungsländer und vor allem die Armen ausgesetzt sind. Eine Vier-Grad-Welt wäre gekennzeichnet von nie dagewesenen Hitzewellen, Dürreperioden und Überschwemmungen in vielen Regionen, die einschneidende Folgen für Ökosysteme und ihre Leistungen hätten. Nichtsdestotrotz: Eine Vier-Grad- Welt lässt sich verhindern und die Erwärmung wahrscheinlich auf unter 2 °C begrenzen, wenn wir handeln. Ohne zusätzliche Verpflichtungen und Maßnahmen zur Reduktion Dieser Bericht stellt keine umfassende wissenschaftliche von Treibhausgasemissionen wird sich das Erdklima gegenüber Bewertung dar, wie sie der Weltklimarat (IPCC) in seinem fünften vorindustriellen Verhältnissen wahrscheinlich um mehr als 3  °C Sachstandsbericht vornimmt, der 2013/2014 erscheinen wird. Er erwärmen. Selbst bei Einhaltung aller aktuellen Minderungsver- konzentriert sich auf Entwicklungsländer, ohne zu vernachlässigen, pflichtungen und zusagen besteht eine ca. 20-prozentige Wahr- dass auch entwickelte Länder Gefahr laufen, schwere klimawan- scheinlichkeit, dass 4 °C bis zum Jahr 2100 überschritten werden. delbedingte Schäden zu erleiden. Einige Extremereignisse der Werden die Minderungsverpflichtungen nicht eingehalten, könnten jüngeren Zeit werfen ein Schlaglicht auf die weltweit fortbestehende die 4 °C bereits in den 2060er Jahren erreicht sein. Doch eine Risikoanfälligkeit nicht nur der Entwicklungsländer, sondern auch derartige Erwärmung mit entsprechendem Meeresspiegelanstieg der wohlhabenden Industrieländer. um mindestens 0,5 bis 1 m bis zum Jahr 2100 wäre nicht der Projektionen zum Ausmaß des Klimawandels und seiner Folgen Endpunkt: In den darauffolgenden Jahrhunderten würde sich sind immer noch mit Unsicherheiten verbunden. Wir verfolgen der Temperaturanstieg auf mehr als 6  °C erhöhen und der Mee- einen risikoorientierten Ansatz, der ‚Risiko‘ als Produkt aus Wir- resspiegelanstieg würde voraussichtlich mehrere Meter betragen. kung und Eintrittswahrscheinlichkeit definiert. Das heißt: Auch Das heißt: Die Weltgemeinschaft hat sich zwar verpflichtet, die ein Ereignis mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit kann ein Erwärmung auf unter 2 °C zu begrenzen, um einen „gefährlichen“ hohes Risiko beinhalten, wenn es ernste Konsequenzen impliziert. Klimawandel zu verhindern; die kleinen Inselstaaten unter den Keine Nation ist immun gegen die Folgen des Klimawandels. Entwicklungsländern (SIDS) und die am wenigsten entwickelten Ihre Verteilung jedoch wird wahrscheinlich ungleich und zu Länder (LDC) haben eine globale Erwärmung um 1,5 °C als Ober- Ungunsten vieler der ärmsten Regionen der Welt ausfallen, die die grenze bezeichnet, deren Überschreitung ihre Entwicklung und in geringsten wirtschaftlichen, institutionellen, wissenschaftlichen einigen Fällen ihr Überleben ernsthaft gefährden würde. Dennoch und technischen Möglichkeiten haben, die Folgen durch Anpassung werden alle politischen Programme und Maßnahmen zusammen zu bewältigen. Einige Beispiele: – laufende wie zugesagte – mit hoher Wahrscheinlichkeit einen • Die absolute Erwärmung wird in den höheren Breitengraden am noch weitaus stärkeren Temperaturanstieg nicht verhindern kön- stärksten ausfallen. Die Erwärmung in den Tropen wird jedoch nen. Tatsächlich ist die Annahme plausibel, dass sich die Welt höher sein, wenn man sie mit dem historischen Spektrum von mit den aktuellen Emissionstrends auf eine Erwärmung um 4  °C Temperaturen und Extremereignissen vergleicht, die mensch- noch in diesem Jahrhundert zu bewegt. liche und natürliche Ökosysteme bisher verkraftet und an die sie sich angepasst haben. Daher werden die vorhergesagten 1 DER 4° - B E RI CHT: WA RU M E IN E VIE R GR A D W Ä R ME R E W E LT V E R H IN D E RT W E R D E N MU S S Abbildung 1: Linien: geschätzte Mittelwerte aus probabilistischen Temperaturprojektionen für zwei Emissionsszenarien ohne Minderungsmaßnahmen (schwarze Linie: SRES A1FI; rote Linie: Vergleichsszenario, das sich an SRES A1B anlehnt). Beide erreichen für das Jahr 2100 annähernd die 4  °C-Marke bzw. überschreiten sie erheblich. Die Ergebnisse dieser beiden Emissionsszenarien werden mit weiteren Szenarien verglichen, in denen a) die derzeitigen Minderungszusagen eingehalten werden (violette Linie) bzw. b) die Erwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von ≥ 50 Prozent auf 2  °C oder weniger begrenzt wird (orangefarbene, blaue und grüne Linie). Ein hypothetisches Szenario, in dem die globalen Emissionen im Jahr 2016 völlig gestoppt werden, ist ebenfalls dargestellt (gestrichelte schwarze Linie); es dient als Vergleichsszenario zur Gegenüberstellung von Entwicklungspfaden, die technisch und wirtschaftlich realisierbar sind. Der starke Temperaturanstieg direkt nach dem Stopp der Emissionen im Jahr 2016 wird durch den Wegfall des Beschattungseffekts der Sulfat-Aerosole hervorgerufen. Um die Lesbarkeit der Grafik zu gewährleisten, ist nur für ein Szenario die 95%-ige Unsicherheitspanne (schattierter Bereich) als farblich unterlegtes Band angegeben. Zu den Szenarien und Modellierungsmethoden siehe Rogelj et al., 2010; Hare et al., 2011; Schaeffer et al., 2012. 5 Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur IPCC SRES A1FI über das vorindustrielle Niveau (in °C) Anstieg um mehr als 4°C sehr wahrscheinlich Vergleichswert (an SRES-A1B angelehnt) – 4 Anstieg um mehr als 3°C wahrscheinlich Wirkung aktueller Derzeitige Minderungszusagen – Anstieg um mehr als 2°C so gut wie sicher, Minderungs- mit 50%-iger Wahrscheinlichkeit um mehr als 3°C zusagen 3 Stabilisierung bei 50%-iger Wahrscheinlichkeit, 2°C zu überschreiten RCP3PD – Anstieg geringer als 2°C wahrscheinlich, mittlere Wahrscheinlichkeit, 1,5°C zu überschreiten 2°C 1,5°C Plötzlicher weltweiter Stopp der Emissionen im Jahr 2016 – Anstieg geringer als 1,5°C wahrscheinlich 1 Geophysikalische Trägheit 0 Beispielhaftes Niedrig-Emissions-Szenario mit negativen CO2-Emissionen. Diese entstammen der oberen Hälfte des Wertebereichs Historische Beobachtungen aus der Literatur über die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts. 1900 1950 2000 2050 2100 beispiellos hohen Temperaturextreme in den Tropen signifi- unter 2 °C begrenzen können (Abbildung 1). Welches Ausmaß kant stärkere Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die die Auswirkungen annehmen, die Entwicklungsländern und der Ökosysteme haben. übrigen Welt widerfahren, hängt also davon ab, was Regierungen, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft beschließen und tun – und • Der Meeresspiegelanstieg wird in den Tropen voraussichtlich leider auch davon, was sie nicht tun. 15 bis 20 Prozent höher ausfallen als im weltweiten Mittel. • Die steigende Intensität tropischer Wirbelstürme wird in Äquatornähe wahrscheinlich überproportional spürbar werden. Beobachtete Auswirkungen und • In vielen Gegenden von Entwicklungsländern in den Tropen Veränderungen des Klimasystems und Subtropen ist eine erhebliche Zunahme von Trockenheit und Dürren zu erwarten. Die eindeutigen Folgen der durch den Ausstoß von Treibhausgasen ausgelösten Veränderung des Klimasystems, wie sie im vierten Eine im Vergleich zum vorindustriellen Niveau um 4  °C IPCC-Sachstandsbericht (AR4) von 2007 beschrieben werden, wärmere Welt (im Folgenden ‚Vier-Grad-Welt‘ genannt) wäre haben sich, mehr oder weniger unvermindert, weiter verstärkt: gekennzeichnet durch beispiellose Hitzewellen, Dürrekatastrophen • Die Konzentration des wichtigsten Treibhausgases Kohlen- und Überschwemmungen in vielen Regionen, die einschneidende dioxid (CO2) ist weiter gestiegen: von einer vorindustriellen Folgen für menschliche und natürliche Ökosysteme und deren Konzentration von etwa 278 ppm (Teile je Million) auf mehr Leistungen hätten. als 391 ppm im September 2012; derzeit steigt sie um 1,8 ppm Noch kann eine Erwärmung um 4  °C verhindert werden: Zahl- pro Jahr. lose Studien zeigen, dass es technisch und wirtschaftlich realisier- bare Emissionspfade gibt, die die Erwärmung auf voraussichtlich 2 Z usammenfassung • Die gegenwärtige CO2-Konzentration ist die höchste, die mittlere Meeresspiegelanstieg betrug im 20. Jahrhundert etwa 15 bis es paläoklimatisch und geologisch belegbar in den letzten 20 cm. In den vergangenen zehn Jahren stieg der Meeresspiegel im 15 Millionen Jahren gegeben hat. Durchschnitt um etwa 3,2 cm pro Jahrzehnt. Sollte dieses Tempo anhalten, würde das einen zusätzlichen Meeresspiegelanstieg von • Die CO2-Emissionen betragen derzeit rund 35 Milliarden met- mehr als 30 cm im 21. Jahrhundert bedeuten. rische Tonnen pro Jahr (unter Berücksichtigung einer verän- Die Erwärmung der Atmosphäre und der Meere beschleunigt derten Landnutzung). Projektionen zufolge werden sie, ohne den Eisverlust an den Eisschilden Grönlands und der Antarktis. weitere politische Maßnahmen, auf 41 Milliarden metrische Das Abschmelzen könnte den Meeresspiegelanstieg zukünftig Tonnen CO2 pro Jahr im Jahr 2020 ansteigen. noch wesentlich verstärken. Insgesamt gesehen hat sich die • Die globale Mitteltemperatur ist weiter gestiegen und liegt jetzt Abschmelzrate laut IPCC AR4 seit dem Zeitraum 1993  – 2003 mehr °C über dem vorindustriellen Niveau. ca. 0,8  als verdreifacht. Im Zeitraum 2004 bis 2008 betrug sie 1,3 cm pro Eine globale Erwärmung um 0,8   °C mag gering erscheinen, Jahrzehnt, 2009 etwa 1,7 cm pro Jahrzehnt. Wenn das Abschmelzen doch viele Auswirkungen des Klimawandels sind schon jetzt der Eisschilde in diesem Tempo voranschreitet, würde der dadurch zu spüren und eine Zunahme der Erwärmung von 0,8   °C auf bedingte weltweite durchschnittliche Meeresspiegelanstieg am 2  °C oder mehr stellt uns vor noch größere Herausforderungen. Ende des 21. Jahrhunderts etwa 15 cm betragen. Ein deutliches Sinnvoll ist auch, sich zu vergegenwärtigen, dass ein Anstieg der Zeichen für die wachsende Anfälligkeit des grönländischen Eis- globalen Mitteltemperatur um 4  °C fast der Differenz zwischen schilds gegenüber der Erwärmung ist die rasche Ausweitung der den heutigen Temperaturen und denen der letzten Eiszeit ent- Abschmelzfläche, die seit den 1970er Jahren zu beobachten ist. spricht, als große Teile Mitteleuropas und der nördlichen USA Im September 2012 erreichte das arktische Meereis ein Rekord- unter kilometerdickem Eis lagen und die globale Mitteltemperatur minimum: Die sommerliche Eisdecke des arktischen Ozeans ist etwa 4,5 bis 7  °C niedriger war. Hinzu kommt, dass sich dieser in den letzten 30 Jahren um die Hälfte geschrumpft. bedeutende – anthropogene – klimatische Wandel innerhalb eines Zu beobachten sind auch Veränderungen zahlreicher anderer Jahrhunderts, nicht innerhalb mehrerer Jahrtausende vollzieht. klimatischer und ökologischer Aspekte des Erdsystems in Folge Die Weltmeere haben sich weiter erwärmt, wobei rund 90 Pro- der globalen Erwärmung. So hat es in den letzten zehn Jahren zent der überschüssigen Wärmeenergie, die durch die zunehmende weltweit eine ungewöhnlich hohe Zahl extremer Hitzewellen mit Treibhausgaskonzentration seit 1955 auf der Erde eingefangen entsprechend gravierenden Folgen gegeben. Seit den 1960er Jahren blieben, in den Ozeanen als Wärme gespeichert wird. Der weltweite hat der vom Menschen verursachte Klimawandel die Häufigkeit 3 DER 4° - B E RI CHT: WA RU M E IN E VIE R GR A D W Ä R ME R E W E LT V E R H IN D E RT W E R D E N MU S S Abbildung 2: Zusammenstellung der Mittelwerte aus verschiedenen Modellen der wärmsten monatlichen Temperaturen an jedem Ort der Welt im Zeitraum 2080 – 2100 für die Monate Juli (links) und Januar (rechts). Die Angaben sind in absoluten Temperaturen (oben) und in Abweichungen von den extremsten simulierten monatlichen Temperaturen für heute (unten) angegeben. Um die Unterscheidung zu erleichtern, wurde die Intensität der Farbskala über dem Ozean reduziert.  °C  °C und Intensität von Hitzewellen gesteigert und damit wahrscheinlich der Agrarflächen betroffen, was sie zur schlimmsten Dürre seit auch deren soziale Folgen verschärft. In einigen Klimagebieten den 1950er Jahren machte. haben Intensität und/oder Häufigkeit von Extremniederschlägen Es gibt Anzeichen dafür, dass sich hohe Temperaturen nachteilig und Dürren, wohl unter dem Einfluss des Menschen, zugenom- auf die Agrarproduktion auswirken: Aktuelle Studien deuten darauf men. Ein jüngeres Beispiel für extreme Temperaturen ist die hin, dass die weltweite Mais- und Weizenproduktion, verglichen Hitzewelle, die 2010 Russland heimsuchte und schwere Schäden zur Entwicklung unter stabilen klimatischen Bedingungen, seit zur Folge hatte. Nach vorläufigen Schätzungen kostete sie 55.000 den 1980er Jahren möglicherweise signifikant zurückgegangen ist. Menschen das Leben, vernichtete rund 25 Prozent der Jahresern- Beobachtet wurden in den letzten Jahrzehnten auch Aus- te, verbrannte mehr als 1 Million Hektar Fläche und verursachte wirkungen hoher Temperaturen auf das Wirtschaftswachstum wirtschaftliche Schäden in Höhe von 15 Milliarden US$ (1 Prozent armer Länder. So besteht offenbar ein erhebliches Risiko, dass des Bruttoinlandsprodukts). das wirtschaftliche Wachstum in armen Ländern aufgrund der Ohne Klimawandel wären extreme Hitzewellen, etwa in Erderwärmung in Zukunft weiter geschwächt wird. Eine Studie1 Europa, Russland und den USA, nur einmal in mehreren hundert des Massachusetts Institute of Technology (MIT) zog historische Jahren zu erwarten. Beobachtungen zufolge hat sich der Anteil Temperaturschwankungen in Ländern heran und ermittelte ihre der Erdoberfläche, der extrem hohen Temperaturen ausgesetzt ist, Auswirkungen auf deren aggregierte Wirtschaftsleistung. Dabei seit den 1950er Jahren verzehnfacht. zeigte sich, dass höhere Temperaturen das Wirtschaftswachstum Auch der von Dürren betroffene Anteil an der Landoberfläche armer Länder deutlich dämpfen und weitreichende Folgen haben der Erde hat in den letzten 50 Jahren wahrscheinlich stark zuge- können. Sie beeinträchtigen die Agrar- und Industrieproduktion nommen – etwas schneller, als von Klimamodellen vorhergesagt. Von der Dürre in den USA im Jahr 2012 waren rund 80 Prozent 1 Dell, Melissa, Benjamin F. Jones, and Benjamin A. Olken. 2012. “Temperature Shocks and Economic Growth: Evidence from the Last Half Century.� American Economic Journal: Macroeconomics, 4(3): 66-95. 4 Z usammenfassung Abbildung 3: Median-Schätzungen (Linien) von Wahrscheinlichkeitsprojektionen für den pH-Wert an der Meeresoberfläche. Ein niedrigerer pH-Wert weist auf eine schwerwiegendere Versauerung der Ozeane hin. Diese hemmt das Wachstum kalkbildende Organismen wie Schalentiere, kalkhaltiges Phytoplankton und Korallenriffe. Das SRES-A1FI-Szenario zeigt, dass mit einer Erwärmung um mehr als 4  °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau mit hoher Wahrscheinlichkeit eine zunehmende Versauerung der Ozeane einhergehen wird. Die 95%ige Unsicherheitsspanne (schattierter Bereich) wird lediglich für ein Szenario angegeben, um die Lesbarkeit zu verbessern, und basiert hauptsächlich auf Unsicherheiten im Kohlenstoffzyklus. Szenarien und Modellierungsmethoden siehe Bernie et al., 2010; Rogelj et al., 2010; Hare et al., 2011; Schaeffer et al., 2012. Beispielhaftes Niedrig-Emissions-Szenario 8,1 mit hohen negativen CO2-Emissionen Plötzlicher weltweiter Stopp der Säuregehalt der Meere (pH-Wert) Emissionen im Jahr 2016 8 RCP3PD 50%ige Wahrscheinlichkeit, die Zwei-Grad-Grenze zu überschreiten 7,9 Derzeitige Minderungszusagen Referenz (an SRES-A1B angelehnt) 7,8 7,7 IPCC SRES A1FI 1900 1950 2000 2050 2100 Jahr und untergraben die politische Stabilität. Diese Ergebnisse fließen die kältesten Monate wahrscheinlich wesentlich wärmer als die in die Debatten über die Bedeutung des Klimas für wirtschaftliche wärmsten Monate des ausgehenden 20. Jahrhunderts sein. In Entwicklung ein und erlauben den Schluss, dass sich höhere Tem- Regionen wie dem Mittelmeerraum, Nordafrika, dem Nahen Osten peraturen eindeutig negativ auf arme Länder auswirken. und dem Hochland von Tibet werden vermutlich alle Sommermo- nate wärmer sein als die heftigsten Hitzewellen der Gegenwart. Im Mittelmeerraum beispielsweise könnte der wärmste Juli 9  °C Projizierte Auswirkungen des wärmer sein als der wärmste Juli unserer Zeit. Klimawandels in einer Vier-Grad-Welt Die extremen Hitzewellen der vergangenen Jahre haben gravierende Folgen gehabt und zu hitzebedingten Todesfällen, Die Folgen einer Erwärmung um 4  °C werden sich nicht gleichmäßig Waldbränden und Ernteausfällen geführt. Zu den Folgen der über die Erde verteilen und auch nicht einfach nur die verstärkte extremen Hitzewellen, die für eine Vier-Grad-Welt projiziert sind, Form einer Erwärmung um 2  °C sein. Die Erwärmung wird am gibt es noch keine Auswertungen. Es ist jedoch zu erwarten, dass stärksten über dem Land ausfallen und 4 bis 10  °C betragen. sie erheblich schwerer sein werden als die, die wir heute erleben, Zu erwarten ist ein Anstieg der durchschnittlichen monatlichen und dass sie die Anpassungskapazitäten vieler Gesellschaften und Sommertemperaturen um 6 °C oder mehr in großen Regionen der natürlicher Systeme bei Weitem übersteigen werden. Welt, zum Beispiel im Mittelmeerraum, in Nordafrika, im Nahen Osten und auf dem zusammenhängenden Gebiet der Vereinigten Staaten (Abbildung 2). Steigende CO2-Konzentration und die Projektionen für eine Vier-Grad-Welt sagen eine dramatische Versauerung der Meere Steigerung der Intensität und Häufigkeit hoher Temperaturextre- me voraus. Extreme Hitzewellen wie in Russland 2010 werden Abgesehen von der Erwärmung des Klimasystems ist eine der in einer Vier-Grad-Welt wahrscheinlich zum ganz normalen bedrohlichsten Folgen des steigenden Kohlendioxidgehalts der Sommer gehören. Das tropische Südamerika, Zentralafrika und Atmosphäre die Versauerung der Meere. Sie resultiert aus der Lös- alle tropischen Inseln im Pazifik werden aller Voraussicht nach lichkeit von Kohlenstoffdioxid in Wasser. Beobachtungen zufolge regelmäßige Hitzewellen von beispielloser Intensität und Dauer hat die Versauerung der Ozeane, verglichen mit vorindustriellen erleben. In diesem neuen „Hochtemperatur-Klimaregime“ werden Werten, stark zugenommen. Eine Erwärmung um 4  °C oder 5 DER 4° - B E RI CHT: WA RU M E IN E VIE R GR A D W Ä R ME R E W E LT V E R H IN D E RT W E R D E N MU S S mehr bis 2100 entspräche einer CO2-Konzentration von mehr als für die Menschen, denen sie Nahrung und Einnahmen, etwa aus 800 ppm und einem Anstieg des Säuregehalts der Meere von etwa dem Tourismus, wie auch Küstenschutz bieten. 150 Prozent. Die beobachteten und für das nächste Jahrhundert vorhergesagten Veränderungsraten der Meeresversauerung gelten als beispiellos in der Geschichte der Erde. Meeresorganismen und Meeresspiegelanstieg, marine Ökosysteme zeigen erste Anzeichen einer Schädigung durch Überschwemmungen und Versauerung in Verbindung mit den Auswirkungen von Erwärmung, Landverlust in Küstenregionen Überfischung und der Zerstörung von Habitaten (Abbildung 3). Vor allem Korallenriffe reagieren empfindlich auf veränderte Eine Erwärmung um 4  °C wird voraussichtlich zu einem Meeres- Wassertemperaturen, pH-Werte des Meerwassers und Intensität spiegelanstieg von mindestens 0,5 bis 1 m bis 2100 und weiteren und Häufigkeit tropischer Wirbelstürme. Riffe bieten Schutz vor Metern in den folgenden Jahrhunderten führen. Die Begrenzung Küstenüberschwemmungen, Sturmfluten und Schäden durch der Erwärmung auf 2  °C würde den Meeresspiegelanstieg, ver- Wellen; sie sind Kinderstube und Lebensraum für zahlreiche Fisch- glichen mit einer Vier-Grad-Welt, wahrscheinlich auf 20 cm bis arten. Es ist möglich, dass Korallenriffe das Wachstum einstellen, 2100 eindämmen. Doch selbst wenn die globale Erwärmung auf wenn die CO2-Konzentration in den kommenden Jahrzehnten auf °C begrenzt würde, könnte der mittlere globale Meeresspiegel 2  etwa 450 ppm ansteigt, (was bei einer Erwärmung um ca. 1,4  °C weiter steigen, laut manchen Schätzungen bis zum Jahr 2300 um in den 30er-Jahren dieses Jahrhunderts der Fall wäre). Bei einer 1,5 bis 4 m über dem heutigen Niveau. Nur bei einer Erwärmung Konzentration von etwa 550 ppm (entspricht einer Erwärmung von deutlich unter 1,5 °C ließe sich der Meeresspiegelanstieg auf um ca. 2,4  °C in den 60er Jahren des Jahrhunderts) gilt es als unter 2 m begrenzen. wahrscheinlich, dass viele Korallenriffe beginnen sich aufzulösen. Der Meeresspiegelanstieg wird regional variieren: Aus geophysi- Schon bei einer Erwärmung der Erdatmosphäre um 1,5  °C gefährdet kalischen Gründen wird damit gerechnet, dass er in den Tropen um die Kombination aus thermisch induzierter Bleiche, Versauerung bis zu 20 Prozent über dem Durchschnitt und in höheren Breiten der Meere und Meeresspiegelanstieg große Teile von Korallenrif- unter dem Durchschnitt liegen wird. Vor allem das Abschmelzen fen. Die regionale Vernichtung ganzer Korallenriff-Ökosysteme, der Inlandeisschilde wird die Anziehungskraft der ozeanischen die lange vor Erreichen der Vier-Grad-Grenze geschehen könnte, Wassermassen hin zu den Eisschilden verringern. Das bedeutet, hätte tief greifende Folgen für die in ihnen lebenden Arten und dass sich das Meerwasser stärker am Äquator konzentrieren wird. 6 Z usammenfassung Auch durch die Erderwärmung und andere Faktoren veränderte einigen Regionen kann es vorkommen, dass infolge des Klima- Wind- und Meeresströmungen wie auch die Verteilung der Wär- wandels weniger Wasserstress herrscht als ohne Klimawandel. meaufnahme und Erwärmung des Meerwassers werden sich auf • Subsaisonale und subregionale Veränderungen des Wasserkreis- den regionalen Meeresspiegelanstieg auswirken. laufs werden gravierende Risiken wie Überschwemmungen und Die projizierten Folgen des Meeresspiegelanstiegs werden selbst Dürren zur Folge haben, die signifikant zunehmen könnten, innerhalb einzelner Regionen und Länder asymmetrisch verteilt selbst wenn sich die Jahresdurchschnittswerte kaum ändern. sein. Eine Projektion der Folgen für 31 Entwicklungsländer ergab, dass zehn Städte allein zwei Drittel der Gesamtexposition gegenüber extremen Überschwemmungen ausmachen. Besonders gefährdete Bei fortschreitender Erwärmung werden Starkregenfälle und Städte liegen in Mosambik, Madagaskar, Mexiko, Venezuela, Indien, Dürren zunehmen, sodass die Risiken in einer Vier-Grad-Welt ver- Bangladesch, Indonesien, auf den Philippinen und in Vietnam. mutlich wesentlich höher sein werden als in einer Zwei-Grad-Welt. Weitreichende negative Auswirkungen wird der Meeresspie- • Flusseinzugsgebiete wie der Ganges und der Nil, die unter gelanstieg für kleine Inselstaaten und Flussdeltaregionen haben, Monsun-Einfluss stehen, reagieren besonders empfindlich auf besonders im Zusammenspiel mit der für viele Tropenregionen einen saisonal veränderten Abfluss von Oberflächenwasser, vorhergesagten zunehmenden Intensität tropischer Wirbelstürme, was die Verfügbarkeit von Wasser stark beeinträchtigen kann. mit anderen Extremwetterereignissen und mit klimawandelbeding- ten Folgen für Meeresökosysteme (wie dem Verlust schützender • Der mittlere jährliche Abfluss, so wird erwartet, wird in den Riffe aufgrund von Temperaturanstieg und Meeresversauerung). Einzugsgebieten von Donau, Mississippi und Amazonas und im Murray-Darling-Becken um 20 bis 40 Prozent abnehmen, in den Flussgebieten von Nil und Ganges hingegen um ungefähr Gefährdung der für den Menschen 20 Prozent zunehmen. lebenswichtigen Systeme: Nahrung, Das Ausmaß dieser Veränderungen wird sich in einer Vier- Grad-Welt etwa verdoppeln. Wasser, Ökosysteme und menschliche Die Gefahr, dass es zu Störungen von Ökosystemen infolge von Gesundheit Ökosystemveränderungen und -wandel, Waldschäden und Flächen- Obgleich die Projektionen der Folgen einer Vier-Grad-Welt noch bränden kommt, wäre bei einer Erwärmung um 4  °C signifikant vorläufig sind und der Vergleich einzelner Bewertungen oft schwer- größer als bei geringerer Erwärmung. Die wachsende Anfälligkeit fällt, zeigt dieser Bericht eine Vielzahl gravierender Risiken für die gegenüber Hitze und Dürrestress wird wahrscheinlich die Sterb- lebenswichtigen Systeme des Menschen auf. Bei fortschreitender lichkeit der Arten erhöhen und ihr Aussterben beschleunigen. Erwärmung werden extreme Temperaturen, Hitzewellen, Regenfälle Ökosysteme werden von einer wachsenden Zahl von Extremer- und Dürren zunehmen, sodass die Risiken in einer Vier-Grad-Welt eignissen wie Waldverlust infolge von Dürren und Flächenbrän- wesentlich höher sein werden als in einer Zwei-Grad-Welt. den betroffen sein, die durch Landnutzung und eine Ausweitung In einer sich schnell um 4° C erwärmenden Welt werden die landwirtschaftlicher Aktivitäten noch verstärkt werden. Die Zahl gravierendsten Folgen für die Wasserverfügbarkeit voraussichtlich der Waldbrände im Amazonasgebiet könnte bei einer Erwärmung mit dem steigenden Wasserbedarf einer wachsenden Weltbevöl- um etwa 1,5 bis 2 °C gegenüber vorindustriellem Niveau bis 2050 kerung verbunden sein. Einige Schätzungen besagen, dass eine auf fast das Doppelte ansteigen. In einer Vier-Grad-Welt ist mit Erwärmung um 4  °C die schon in vielen Regionen bestehende noch gravierenderen Veränderungen zu rechnen. Wasserknappheit noch spürbar verstärken wird, vor allem in Tatsächlich scheint es wahrscheinlich, dass sich der Klima- Nord- und Ostafrika, dem Nahen Osten und Südasien. Gleichzeitig, wandel in einer Vier-Grad-Welt zum bedeutendsten Auslöser für so heißt es, sehe sich eine wachsende Zahl afrikanischer Länder Veränderungen der Ökosysteme entwickeln würde, welche die erstmals einem Wassermangel gegenüber, der aufgrund des Bevöl- Zerstörung von Biotopen als größter Bedrohung der biologischen kerungswachstums ganze Länder betreffen könnte. Vielfalt noch übertreffen. Neueren Forschungen zufolge wird es in einer Vier-Grad-Welt wahrscheinlich zu einem größeren • Größere Trockenheit wird beispielsweise für Südeuropa, Afrika Verlust der Artenvielfalt kommen. Der Klimawandel und hohe (mit Ausnahme einiger Gebiete im Nordosten), große Teile Nord- CO2-Konzentrationen werden die Ökosysteme der Erde in einen und Südamerikas und das südliche Australien vorhergesagt. Zustand überführen, wie ihn die Menschheit bisher nicht gesehen • Mehr Niederschläge werden vor allem für die nördlichen hat. Es ist zu erwarten, dass die Schäden an Ökosystemen für den hohen Breiten, also das nördliche Nordamerika, Nordeuropa Menschen unverzichtbare Ökosystemleistungen (wie Fischgründe und Sibirien, und für einige Monsunregionen prognostiziert. In 7 DER 4° - B E RI CHT: WA RU M E IN E VIE R GR A D W Ä R ME R E W E LT V E R H IN D E RT W E R D E N MU S S und Küstenschutz durch Korallenriffe und Mangrovenwälder) stark wirtschaftliches Wachstum die persönliche Entwicklung von Kindern beeinträchtigen werden. signifikant fördert. Der Klimawandel hingegen macht diese Errun- Eine angemessene Versorgung mit Nahrung und anderen genschaften in vielen Regionen zunichte: Zu erwarten ist, vor allem Agrarprodukten wird angesichts des Bevölkerungswachstums und in Subsahara-Afrika und Südasien, ein deutlicher Anstieg ernäh- steigender Einkommen auch unabhängig von einem menschen- rungsbedingter Wachstumsverzögerungen bei einer Erwärmung gemachten Klimawandel eine Herausforderung sein. In seinem um 2 bis 2,5  °C, was sich bei einer Erwärmung um 4  °C deutlich vierten Sachstandsbericht (Fourth Assessment Report) geht der verschärfen dürfte. Obwohl viel zur Verbesserung der Gesund- IPCC davon aus, dass die weltweite Nahrungsmittelproduktion heitsversorgung getan wird (zum Beispiel bessere medizinische bei einem durchschnittlichen lokalen Temperaturanstieg um 1 bis Versorgung, Entwicklung von Impfstoffen, Vorsorgeprogramme), 3 °C steigt, darüber hinaus jedoch abnehmen könnte. muss mit erheblichen zusätzlichen Folgen für das Armutsniveau Jüngere, nach 2007 publizierte Ergebnisse klingen indes weit und die menschliche Gesundheit gerechnet werden. Veränderungen weniger zuversichtlich. Vielmehr lassen sie darauf schließen, der Temperatur, Niederschlagsmengen und Luftfeuchtigkeit haben dass die Gefahr von Ernteeinbußen in Folge der zunehmenden Einfluss auf vektorübertragene Krankheiten (wie Malaria und Erwärmung der Erde rapide wächst. Schon jetzt zeigen sich in Dengue-Fieber) sowie auf Hantavirus-Infektionen, Leishmaniose, verschiedenen Regionen wie Afrika, Australien, Indien und den die Lyme-Krankheit und Schistosomiasis (Bilharziose). USA massive Beeinträchtigungen durch hohe und extreme Tem- Zu den weiteren gesundheitlichen Folgen des Klimawandels peraturen. So hat man in den USA bei einem Anstieg der lokalen können Verletzungen und Todesfälle aufgrund von Extrem- Tagestemperaturen auf 29  °C bzw. 30 °C signifikante nichtlineare wetterereignissen zählen. Durch Hitze verstärkter Smog kann Auswirkungen auf Mais und Sojabohnen beobachtet. Diese aktu- Atemprobleme und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verschlimmern, ellen Ergebnisse deuten darauf hin, dass in einer Vier-Grad-Welt während in manchen Regionen ein klimawandelbedingter Anstieg ein großes Risiko besteht, dass hohe Temperaturschwellenwerte der Konzentration von Aeroallergenen (Pollen, Sporen) in der Luft überschritten werden und sich damit die weltweite Ernährungs- das Auftreten allergischer Atembeschwerden fördert. sicherheit spürbar verschlechtert. Hinzu kommen die mit dem zu erwartenden Meeresspiegelan- stieg verbundenen Schäden für die Landwirtschaft in wichtigen tief Drohende Entwurzelung und Landflucht liegenden Deltagebieten wie in Ägypten, Bangladesch, Vietnam in einer Vier-Grad-Welt und Teilen der afrikanischen Küste. In vielen Küstenzonen mitt- lerer Breiten wird der Meeresspiegelanstieg voraussichtlich dazu Der Klimawandel vollzieht sich nicht im luftleeren Raum. Aller führen, dass Salzwasser verstärkt in küstennahe Grundwasser- Voraussicht nach werden das Wirtschafts- und das Bevölkerungs- leiter eindringt, die zur Bewässerung der Küstenebenen benutzt wachstum im 21. Jahrhundert das Wohlergehen der Menschen werden. Weitere Risiken bestehen durch die Wahrscheinlichkeit und die Anpassungsfähigkeit in vielen, wenn nicht in den meis- zunehmender Dürren in mittleren Breiten und der erhöhten Über- ten Regionen erhöhen. Zur gleichen Zeit jedoch werden sich schwemmungsgefahr in höheren Breiten. zunehmende Belastungen und Anforderungen an ein planetares Die erwartete zunehmende Intensität von Extremwetterereig- Ökosystem kritischen Grenzen nähern. Wahrscheinlich ist, dass nissen wird voraussichtlich die Armutsbekämpfung insbesondere durch diese Belastungen und projizierten Folgen des Klimawan- in Entwicklungsländern beeinträchtigen. Den jüngsten Projektio- dels die Widerstandskraft vieler natürlicher und bewirtschafteter nen zufolge werden die Armen besonders empfindlich auf die in Ökosysteme abnimmt. einer Vier-Grad-Welt immer stärker ausgeprägten Dürreperioden Die prognostizierten Auswirkungen auf die Verfügbarkeit reagieren, vor allem in weiten Teilen Afrikas, Südasiens und von Wasser, auf die Ökosysteme, die Landwirtschaft und die anderen Regionen. menschliche Gesundheit könnten zur weiträumigen Vertreibung Großräumige Extremereignisse wie starke Überschwemmun- von Bevölkerungsgruppen führen und die menschliche Sicherheit gen, welche die Nahrungsmittelproduktion behindern, könnten wie auch ganze Wirtschafts- und Handelssysteme beeinträchtigen. obendrein zu Mangelernährung führen und die Häufigkeit von Das gesamte Ausmaß der Schäden in einer Vier-Grad-Welt ist noch Epidemien erhöhen. Durch Überschwemmungen kann Trinkwas- nicht bewertet worden. ser mit Schadstoffen und Krankheitskeimen verunreinigt werden, Großräumige und gravierende Veränderungen des Erdsystems sodass sich Durchfall- und Atemwegserkrankungen verbreiten. werden bei der Entwicklung von Modellen zumeist gar nicht und Die Folgen des Klimawandels für die Agrarproduktion können in in der Wirkungsanalyse nur selten berücksichtigt. Mit zunehmen- vielen Regionen Unter- und Mangelernährung verstärken – schon der Erwärmung der Erdatmosphäre um 2  °C und mehr steigt die heute ein maßgeblicher Faktor im Hinblick auf die Kindersterb- Gefahr, die Schwellenwerte nichtlinearer Kippelemente im Erdsys- lichkeit in Entwicklungsländern. Es ist davon auszugehen, dass tem zu überschreiten, was zu abrupten Klimawandelfolgen und 8 Z usammenfassung Klimaregimen mit beispiellos hohen Temperaturen führt. Zu den die das Ergebnis eines Meeresspiegelanstiegs um einen Meter Beispielen zählen der Zerfall des westantarktischen Eisschilds, das oder mehr in diesem Jahrhundert und der Folgezeit sein werden. den Anstieg des Meeresspiegels stärker beschleunigt, als in diesem Da das Ausmaß und die Zahl der Folgen mit dem Anstieg der Bericht vorhergesagt wird, und das großräumige Waldsterben am globalen Mitteltemperatur zunehmen, kann es zu vermehrten Amazonas, das Ökosysteme, Flüsse und Lebensgrundlagen, die Wechselwirkungen zwischen ihnen kommen, die die Gesamtwir- Landwirtschaft und die Energiegewinnung in einer Region fast kung noch verstärken. Zum Beispiel würde ein massiver Schock kontinentaler Ausdehnung massiv beeinflusst und vermutlich einen der landwirtschaftlichen Produktion aufgrund überregional ext- substanziellen Beitrag zur Erderwärmung im 21. Jahrhundert leistet. rem hoher Temperaturen in Kombination mit einer stark unter Möglicherweise wird es auch nichtlineare Reaktionen auf die Druck geratenen Ressource „Wasser“ und einem veränderten starke Erderwärmung in einzelnen Wirtschaftssektoren geben. Wasserkreislauf mit hoher Wahrscheinlichkeit die Gesundheit So werden im Zuge der Erderwärmung um 2  °C und mehr wahr- und die Lebensgrundlagen der Menschen beeinträchtigen. Dies scheinlich nichtlineare Temperatureffekte auf Nutzpflanzen äußerst könnte wiederum zu einer Kaskade von Auswirkungen auf die wichtig werden. Allerdings tragen nur die wenigsten unserer wirtschaftliche Entwicklung führen, da die Arbeitsfähigkeit der gegenwärtigen Pflanzenwachstumsmodelle diesem Effekt oder der Bevölkerung beeinträchtigt wäre, was wiederum das Wachstum potenziell erhöhten Variabilität uneingeschränkt Rechnung (etwa des Bruttoinlandsprodukts hemmen würde. extreme Temperaturen, erstmals einwandernde Schädlinge und In dem Maße, wie die Belastungen mit einer Erwärmung um Krankheiten, plötzliche Veränderungen kritischer Klimafaktoren °C zunehmen und klimaunabhängige soziale, wirtschaftliche 4  mit großem Einfluss auf Erträge und/oder die Qualität der Ernte). und mit dem Bevölkerungswachstum verbundene Belastungen Typische Projektionen der Kosten der Klimawandelschäden hinzukommen, steigt die Gefahr, dass kritische Grenzwerte des bewerten die Kosten lokaler Schäden, etwa der Infrastruktur. Sozialsystems überschritten werden. An solchen Grenzen wür- Wirkungskaskaden nationaler und regionaler Größenordnung den bestehende Institutionen, die sonst Anpassungsmaßnahmen (zum Beispiel Wertschöpfungsketten und Unterstützungsnetze) unterstützt hätten, wahrscheinlich spürbare Leistungseinbußen berücksichtigen sie indes nur unzureichend. In einer immer verzeichnen oder ganz zusammenbrechen. So können sich Länder, stärker globalisierten Welt jedoch, in der sich die Produktions- die auf Atollen liegen, durch den Meeresspiegelanstieg in ihren systeme weiter spezialisieren und deren Abhängigkeit von der Kapazitäten für eine kontrollierte, auf Anpassung abzielende Infrastruktur, mit der die produzierten Waren verteilt werden, Migration leicht überfordert sehen – sodass ganze Landstriche wächst, können Schäden an Infrastruktursystemen beträchtliche oder Inseln verlassen werden müssen. Ebenso können Gesund- indirekte Auswirkungen haben. Seehäfen sind ein Beispiel für heitsbelastungen wie Hitzewellen, Unterernährung und durch einen Ausgangspunkt, an dem ein Zusammenbruch oder eine eindringendes Salzwasser zunehmend ungenießbares Trinkwasser massive Störung der Infrastruktureinrichtungen Konsequenzen die Gesundheitssysteme so stark strapazieren, dass Anpassung auslösen kann, die weit über den jeweiligen Ort hinausreichen, unmöglich wird und Zwangsumsiedlungen nötig werden. an dem der Schaden auftrat. Angesichts anhaltender Unsicherheit in Bezug auf die Art und Die kumulativen und sich gegenseitig beeinflussenden Effekte das Ausmaß der Folgen ist also ungewiss, ob die Anpassung an eine solcher weiträumigen Auswirkungen, die sich zum großen Teil Erwärmung um 4  °C möglich ist. In einer Vier-Grad-Welt müssten wahrscheinlich lange vor einer Erwärmung um 4  °C einstellen Dorfgemeinschaften, Städte und Länder mit gravierenden Störun- werden, sind noch nicht ausreichend erforscht. Beispielsweise gen, Schäden und Wanderungsbewegungen rechnen – zumeist gibt es in der Fachliteratur noch keine veröffentlichte Untersu- ungleich verteilt. Aller Voraussicht nach wird es die Armen am chung aller ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen schwersten treffen; die Weltgemeinschaft könnte sich noch stärker eines Zusammenbruchs der Korallenriff-Ökosysteme, schon gar spalten und das Ungleichgewicht sich noch mehr verstärken, als nicht in Verbindung mit dem wahrscheinlich damit einhergehen- es bereits heute der Fall ist. Kurzum: Zur projizierten Erwärmung den Verlust der marinen Produktion im Gefolge der steigenden um 4  °C darf es nicht kommen – die Erwärmung muss gestoppt Wassertemperaturen und mit der zunehmenden Versauerung der werden. Erreichen lässt sich das einzig und allein durch zeitnahes, Meere und den großflächigen Folgen für menschliche Siedlungen gemeinsames Handeln auf internationaler Ebene. und Infrastrukturanlagen in tief liegenden Küstenrandgebieten, 9 10 Verzeichnis der Abkürzungen °C   Grad Celsius AIS Antarktischer Eisschild AOGCM Atmosphere-Ocean General Circulation Model Model (Allgemeines Atmosphären-Ozean-Zirkulationsmodell) AOSIS Alliance of Small Island States (Allianz der kleinen Inselstaaten) AR4 Vierter Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) AR5 Fünfter Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) BAU Business As Usual (Weiter wie bisher) CaCO3 Calciumcarbonat cm Zentimeter CMIP5 Coupled Model Intercomparison Project Phase 5 (Klimamodell-Vergleichsprojekt cmIP5) CO2 Kohlendioxid CO2e CO2-Äquivalent DIVA Dynamic Interactive Vulnerability Assessment (Werkzeug zur Bewertung der Vulnerabilität gegenüber dem Meeresspiegelanstieg) DJF Dezember Januar Februar GCM General Circulation Model (Globales Zirkulationsmodell) GDP Bruttoinlandsprodukt GIS Greenland Ice Sheet (Grönländischer Eisschild) GtCO2e Gigatonnen CO2-Äquivalent IAM Integrated Assessment Model (Integriertes Bewertungsmodell) IBAU „IMAGE (Model) Business As Usual“-Szenario (Hinkel et al. 2011) ISI-MIP Inter-Sectoral Model Inter-comparison Project (sektorübergreifender Modellvergleich zur besseren Abschätzung von Klimafolgen) IPCC Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) JJA Juni Juli August LDC Least Developed Country (die am wenigsten entwickelten Länder) MGIC Mountain Glaciers and Ice Caps (Gebirgsgletscher und Eiskappen) NH Nördliche Hemisphäre NOAA National Oceanic and Atmospheric Administration (Wetter- und Ozeanografiebehörde der Vereinigten Staaten) OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) PG Population growth (Bevölkerungswachstum) PGD Population growth distribution (Verteilung des Bevölkerungswachstums) ppm parts per million (Teile pro Million) RBAU „Rahmstorf Business As Usual“-Szenario (Hinkel et al. 2011) RCP Representative Concentration Pathway (Repräsentativer Konzentrationspfad) SH Südliche Hemisphäre SLR Sea-Level Rise (Meeresspiegelanstieg) SRES IPCC Special Report on Emissions Scenarios (IPCC-Sonderbericht über Emissionsszenarien) SREX IPCC-Sonderbericht „Management des Risikos von Extremereignissen und Katastrophen zur Förderung der Anpassung an den Klimawandel“ SSA Subsahara-Afrika UNFCCC Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen WBG Weltbankgruppe WBGT Wet-Bulb Global Temperature (Maß für die Beurteilung von Hitzebelastung) WDR World Bank Group’s World Development Report Report (Weltentwicklungsbericht der Weltbankgruppe) WHO Weltgesundheitsorganisation 11