Multilateralismus und Märkte modernisieren Robert B. Zoellick Präsident Die Weltbankgruppe The Peterson Institute for International Economics, Washington, DC 6. Oktober 2008 I. Der Blick zurück – um nach vorne zu schauen Wie werden die Menschen 2018 auf dieses Jahr zurückblicken? Das hängt davon ab, was wir tun. Der September war ein schwieriger Monat in einem prekären Jahr. Ein Zusammenbruch auf den Finanz-, Kredit- und Immobilienmärkten. Die fortlaufende Belastung durch hohe Lebensmittel- und Treibstoffpreise. Besorgnis wegen der Weltwirtschaft. Im vergangenen Jahr verzeichneten die meisten Volkswirtschaften in den Entwicklungsländern trotz der Turbulenzen ein robustes Wachstum. Große Entwicklungsländer stellten denn auch einen alternativen Wachstumsmotor dar. Im Jahr 2007 erzielten sie ein BIP-Wachstum in der Rekordhöhe von durchschnittlich 7,9 Prozent, und 2008 wird der Wert vermutlich immer noch bei beeindruckenden 6,6 Prozent liegen. Aber nicht alle haben daran teil. Rapide steigende Nahrungsmittel- und Treibstoffpreise stürzen die anfälligsten Länder in eine Gefahrenzone. Menschen leiden. Familien sorgen sich um die Zukunft. Die Ereignisse vom September könnten für viele Entwicklungsländer einen Wendepunkt darstellen. Ein Rückgang der Exporte und des Kapitalzuflusses wird zu einem Abfall der Investitionen führen. Verlangsamung des Wachstums und schlechtere Finanzierungsbedingungen werden im Verein mit einer strikteren Geldpolitik Firmen in den Konkurs treiben und möglicherweise Bankkrisen hervorrufen. Einige Länder werden in Richtung Zahlungsbilanzkrisen schlittern. Wie in allen Fällen sind die ärmsten Länder auch diejenigen, die sich am wenigsten schützen können. Die Augen der Amerikaner sind auf den Schnittpunkt von Wall Street und Dorfhauptstraße gerichtet, aber es geht um viel mehr. Die Reaktion auf diese Krisen muss größer und global ausfallen. Stimmen in aller Welt schieben der freien Marktwirtschaft die Schuld in die Schuhe. Andere wieder fragen, warum die Regierungsinstitutionen versagt haben. Viele werden Finger auf die Fehler der Vereinigten Staaten als Architekten der heutigen Weltwirtschaft zeigen. Wir können die Uhr der Globalisierung nicht zurückdrehen. Genauso wenig dürfen wir zulassen, dass die Krise von heute uns blind macht gegenüber den Chancen von morgen. Beim Aufbau der Zukunft müssen wir von der Vergangenheit lernen. Wir müssen Multilateralismus und Märkte modernisieren, wenn wir die Weltwirtschaft ändern wollen. Unsere Globalisierung muss dafür sorgen, dass Chancen und Verantwortung breiter verteilt sind. Andernfalls wird sich das neue Gebäude als Kartenhaus entpuppen. Multilateralismus ist in seiner besten Form ein Mittel, um Probleme unter Ländern zu lösen. Voraussetzung ist, dass die Gruppe am Verhandlungstisch gewillt und fähig ist, gemeinsam konstruktive Maßnahmen zu ergreifen. Ich bin ein Mechaniker für Multilateralismus. Seit mehr als 20 Jahren setze ich mich dafür ein, dass das internationale System funktioniert. Nächste Woche werde ich bei der Jahrestagung von IWF und Weltbank über die Auswirkungen sprechen, die die letzten zwölf Monate für die Weltbankgruppe haben. Heute aber werde ich vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Krise und einer bevorstehenden Präsidentschaftswahl einen größeren Entwurf vorstellen. II. Veränderung in der globalen Wirtschaftspolitik Wer die heutige Krise verstehen will, muss sich vergegenwärtigen, was in den letzten 20 Jahren und davor geschehen ist. Die Globalisierung und Märkte von heute reflektieren gewaltige Veränderungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie, in den Finanz- und Handelsströmen, in der Arbeitsmobilität, der weltweiten Verbundenheit – der „Tod der Entfernung“ – sowie gewaltige neue Wettbewerbskräfte. Aber selbst diese Veränderungen erfassen nicht den größten Wandel: In den letzten 25 Jahren ist die weltweite Marktwirtschaft von etwa 1 Milliarde Menschen auf 4 bis 5 Milliarden Menschen angewachsen. Die Arbeitskräfte in den Exportmärkten der Welt sind auf mehr als 800 Millionen angewachsen. Das sind gewaltige Steigerungen in einem relativ kurzen Zeitraum. Der Wettbewerb der Globalisierung, die starke Ausdehnung der globalen Arbeitskräfte und relativ niedrige Rohstoffpreise ließen gemeinsam etwas anderes entstehen: ein Goldenes Zeitalter für Zentralbankräte. Die preisdämpfende Wirkung dieser Umschichtungen ließ Zentralbankräte wie technokratische Zauberer aussehen – und uns gefiel dieser Zauber. Lockere Geldpolitik und reichlich Liquidität verleiteten Anleger dazu, auf „Ertragsjagd“ – und auf gegenseitige Jagd – zu gehen. Investoren verliehen und fremdfinanzierten gegen scheinbar unbegrenzt steigende Vermögenswerte, ohne auf Kreditrisiko, Ertragskraft und Cashflow zu achten. Anleger hatten nicht geplant, diese Aktiva zu halten, bis sich die Erträge einstellten. Und selbst wenn, dann waren die Anteile „garantiert“ durch „Versicherungen“ eben dieser hohen Vermögenspreise. Mit dem Platzen der Internetblase und der langen Immobilien- und Bankenkrise in Japan schwappte die Liquiditätsflut auf die Entwicklungsländer über, vor allem auf diejenigen, deren Währungen an den Dollar gekoppelt waren. Rohstoffpreise fielen im Zuge des Zusammenbruchs der Sowjetunion, was vor allem bei Öl und Metallen zu Unterinvestition führte. Danach stiegen sie dramatisch, als die Volkswirtschaften der Entwicklungsländer nach Einsatzgütern hungerten. Treibstoff und Nahrungsmittel wurden immer enger verkettet, weil einerseits der Energieanteil für die Herstellung und den Transport der Nahrungsmittel stieg und andererseits die Verbraucher von Nahrungsmitteln und Energie zu Konkurrenten wurden. So entstand die Krise Nahrung gegen Öl. Und dieses Jahr haben wir gesehen, wie sie zum Ausbruch kam. Die höheren Preise könnten rund 100 Millionen Menschen in den Entwicklungsländern wieder in die Armut zurückstoßen. Wir riskieren eine zweite Runde aus Inflation, Zahlungsbilanzkrisen und knappen Haushaltskassen. Die Quellen der internationalen Kapitalpools haben sich ebenfalls verschoben. Der Rohstoffboom, speziell im Energiebereich, erzeugte gewaltige Gewinne, was zu staatlichen Vermögensfonds führte. Einige Entwicklungsländer, noch von der Krise 1997-98 traumatisiert, hatten beschlossen, sich nie mehr auf dieses Risiko einzulassen und schufen durch die Steuerung ihrer Wechselkurse immense Reserven. Diese Ersparnisse legten den Grundstock für andere Staatsfonds. Veränderungen bei Arbeitskräften, Finanzliquidität, Rohstoffmärkten und Staatsfonds spiegeln eine noch bedeutsamere Veränderung wider: Neue Wirtschaftsmächte sind im Aufstieg begriffen. Die aufstrebenden Mächte sind infolge ihrer Teilnahme an der Weltwirtschaft zu „interessierten Parteien“ im globalen System geworden. China ist heute die drittgrößte Handelsnation der Welt. Mit dem Anwachsen der Mittelschicht in Asien werden diese Sparer zu wichtigen Anlegern für Unternehmenskapital in den Industrienationen, was zu einer weiteren Stärkung der globalen Verknüpfungen führt. Diese aufstrebenden Mächte wollen gehört werden. Sie wollen wissen, welche Rolle sie bei der Festlegung der neuen Regeln für die Weltwirtschaft spielen werden. Diese aufstrebenden Mächte haben ihren Wettbewerbserfolg unter Beweis gestellt und hegen den Verdacht, dass die etablierteren Mächte sie in Schranken halten wollen – sei dies durch alte Handels- und Finanzregeln oder durch neue Regeln zu Klimawechsel und die Umwelt. Die „interessierten Parteien“ der fortgeschrittenen Wirtschaftsnationen profitieren jedoch von den Veränderungen – werden durch sie aber auch bedroht. Die aufstrebenden Volkswirtschaften der Entwicklungsländer bieten eine Vielzahl von Wachstumspolen, die ihre Gesundung unterstützen und neue Chancen eröffnen. Aber sie dienen auch als Futter für Angstmacher. Mit Wachstumsraten von durchschnittlich 6,6 Prozent zwischen 1997 und 2007 stellen die rund 25 Länder Afrikas südlich der Sahara, in denen etwa zwei Drittel der Bevölkerung der Region leben, denn auch einen weiteren Wachstumspol dar, der sich in den kommenden Jahrzehnten entwickeln könnte. Das wäre eine großartige Leistung, und zwar nicht nur im Kampf gegen die Armut und für die Entwicklung, sondern auch für die Freisetzung ungenutzter Begabungen und Energien. Diese Leistung lässt sich jedoch nur verwirklichen, wenn wir die Voraussicht und den Mut mitbringen, den Herausforderungen des wirtschaftlichen Isolationismus daheim die Stirn zu bieten und die Führungsqualitäten bereitzustellen, die zu einer Umsetzung notwendig sind. Die finanziellen und wirtschaftlichen Leiden und Ängste verstärken jedoch die Tendenz, sich zurückzuhalten. Manche haben das Gefühl, dass die Spielregeln – im Umgang mit Rettungsaktionen, Devisenkursen, Handel, Immigration und Entwicklungshilfe – nicht für sie gemacht sind, selbst wenn Menschen mit höherem Einkommen von den Veränderungen zu profitieren scheinen. Viele sorgen sich, dass die alten „Sicherheitsnetze“, die die Anpassung an Veränderungen erleichtern sollen, schrecklich überholt sind. Diese Agenda – und nicht nur die Folgen der finanziellen Rettungsmaßnahmen – muss von neuen Führern ergriffen werden. III. Gewitterwolken über Mulitlateralismus und Märkten Die Ereignisse dieses Jahres sind ein Weckruf. Über Multilateralismus und Märkten stehen Gewitterwolken. Mit dem Hochschnellen der Nahrungsmittelpreise begannen die Agrarmärkte unter dem politischen Druck abzubröckeln. Rund 40 Länder haben Ausfuhrstopps oder Exportbeschränkungen für Nahrungsmittel eingeführt. Andere setzten Preiskontrollen durch, brachen Verträge und stellten den Handel ein. Die Vereinten Nationen hatten alle Mühe, Länder dazu zu bewegen, ihre Nahrungsmittelhilfe für die bedürftigsten Länder zu verdoppeln. Arme Nationen hatten Schwierigkeiten, Saatgut und Düngemittel an die Bauern auszugeben. Sie versuchten, „Sicherheitsnetze“ für die anfälligsten Gruppen zusammenzuflicken. Armut, Hunger und Unterernährung sind gestiegen. Mit der Havarie des globalen Agrarsystems geriet die Welthandelsorganisation (WTO) in gefährliches Fahrwasser. Die Doha-Runde ist auf Grund gelaufen. Die Verhandlungen zum Klimawandel, die unter der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen organisiert wurden, gestalten sich auf Grund der Uneinigkeit in der WTO schwieriger, was wiederum die Spannungen zwischen reifen Volkswirtschaften und Entwicklungsländern verschärfen wird. Selbst unter den besten Voraussetzungen wird diese Verhandlung äußerst schwierig werden. Des Weiteren zeigt das Gesetz zum Klimawandel über den Handel mit Höchstgrenzen, das dieses Jahr im US-Senat scheiterte, die nächste Aufgabe für Multilateralismus und Märkte auf. Damit Wirtschaftszweige, die mit einer Höchstgrenze für Kohlenstoffemissionen belegt wurden, in ihrem Wettbewerb nicht benachteiligt werden, forderte das Gesetz Schutzzölle gegenüber Exporteuren, die keine Kohlenstoffgrenzwerte zu berücksichtigen hatten. Der Bedarf wächst, aber das internationale Hilfssystem kann damit nicht Schritt halten. Geber bringen Vorschläge, Energie und Ressourcen ein, aber sie können auch das Verantwortungsgefühl der einzelnen Entwicklungsländer untergraben und damit die Wirksamkeit der Hilfe schmälern. 2006 wurden mehr als 70.000 Hilfsmaßnahmen mit einer durchschnittlichen Projektgröße von nur 1,7 Mio. USD durchgeführt. Letztes Jahr zählte jedes Entwicklungsland im Durchschnitt 260 Geberbesuche. Vietnam hatte 752. Nationalregierungen wollen zunehmend Hilfe unter ihrer Flagge leisten und nicht durch Multilateralismus, der Kohärenz und nationales Verantwortungsgefühl erzeugen will. Selbst vor diesem Hintergrund liegen die Länder der G7 weit hinter ihren Zusagen von Gleneagle zur Stärkung der Entwicklungshilfe zurück. Private Finanzmärkte und Unternehmen werden nach wie vor die stärksten Kräfte für globales Wachstum und Entwicklung sein. Aber die Finanzsysteme der Industrienationen, vor allem in den USA, zeigen nach ihren gigantischen Verlusten nicht zu übersehende Schwachstellen. Im Gebälk des internationalen Gebäudes, das mit diesen Umständen fertig werden soll, knirscht es. Die vielleicht auffallendste Veränderung seit meiner Tätigkeit im Schatzministerium der USA während der 1980er ist der Verlust von Geschick in den G7-Ländern. Diese Gruppe spielte früher mit Vereinbarungen wie dem Plaza- und dem Louvre-Abkommen eine wichtige Rolle bei der Koordinierung von Politikmaßnahmen. Aber die Wirtschaftsgipfel setzen schon seit langem mehr auf Zeremoniell denn auf Politik. Ich hege immer noch die Hoffnung, dass die Treffen der Finanzminister einen multilateralen Wegweiser für die Behebung der weltweiten Finanz- und Wirtschaftsprobleme bieten werden. Aber das Forum bleibt weit hinter dem Bedarf zurück. IV. Ein neues multilaterales Netz für eine neue Weltwirtschaft Selbst jetzt, da die Vereinigten Staaten und die Welt sich aus ihrem gegenwärtigen Loch freischaufeln, müssen wir den Blick weiter nach vorn richten. Wir brauchen ein neues multilaterales Netz für eine neue Weltwirtschaft. Die Generation von Bretton Woods hat uns ein zweifaches Erbe hinterlassen: Erstens, internationale Institutionen und Regelwerke – in unterschiedlichem Zustand und Reparaturbedarf. Zweitens hat uns diese Generation, was wichtiger ist, auf der Ebene von Intellekt, Regeln und Politik die Verpflichtung zu multilateralem Handeln hinterlassen, damit die Probleme einer Ära zu Chancen werden. Es werden Forderungen nach einem Ansatz des 21. Jahrhunderts laut, aber viele fallen auf die Modelle aus der Mitte des 20. Jahrhunderts zurück. Der Neue Multilateralismus muss, wenn er in unsere Zeit passen soll, ein flexibles Netz sein und kein festes oder einheitliches System. Er muss die Stärken der verknüpften und sich überlappenden Akteure und Institutionen auf öffentlicher wie privater Seite maximieren. Wir haben gesehen, dass die anpassungsfähigeren Volkswirtschaften am wirksamsten mit den unvermeidlichen Schocks und Veränderungen umgehen. Ausgehend von dieser Erfahrung muss das multilaterale System mit Flexibilität ausgestattet sein. Es muss auch Märkte und Anreize für Organisationen des Privatsektors und Einzelpersonen, für gewinnorientierte sowie regierungsfremde Organisationen der Zivilgesellschaft nutzen. Der Neue Multilateralismus muss die Souveränität der Staaten respektieren, gleichzeitig aber erkennen, dass viele Probleme nicht an den Landesgrenzen haltmachen. Dieses neue multilaterale Netz muss pragmatisch sein. Seine Basisarbeit liegt darin, die Zusammenarbeit durch den Austausch von Perspektiven zu nationalen und internationalen Interessen zu fördern. Oft ist der einfache Austausch von Informationen ein Anfang. Dann sollten wir die Suche nach gegenseitigen Interessen fördern. Manchmal lassen sich gegenseitige Interessen durch Anreize herausarbeiten. Internationale Institutionen können sich hierbei als Katalysatoren erweisen. Praktische Problemlösung schafft eine Kultur der Zusammenarbeit. Unser Neuer Multilateralismus muss ein gemeinsames Verantwortungsgefühl für die Gesundheit der politischen Weltwirtschaft schaffen. Das bedeutet in erster und entscheidender Hinsicht, dass die Hauptakteure dieser Wirtschaft daran beteiligt sind, d.h. diejenigen, die bereit sind, die Verantwortung sowie die Vorteile zu teilen, die der Erhalt der Wirtschaft mit sich bringt. Wir müssen wirtschaftlichen Multilateralismus über den traditionellen Fokus auf Finanzen und Handel hinaus neu definieren. Die sich ändernde Weltwirtschaft verlangt einen breiteren Denkansatz. Heute sind Energie, Klimawandel sowie die Stabilisierung von fragilen Staaten und Ländern in der Konfliktfolgezeit wirtschaftliche Fragen. Sie sind bereits Teil des internationalen Sicherheits- und Umweltdialogs. Sie müssen auch ein Thema für den wirtschaftlichen Multilateralismus sein. V. Prioritäten Eine neue Lenkungsgruppe Der Neue Multilateralismus wird nach wie vor hauptsächlich von nationaler Führung und Kooperation abhängen. Länder sind wichtig. G7 funktioniert nicht. Wir brauchen eine bessere Gruppe für andere Zeiten. G20 ist zwar wertvoll, aber zu schwerfällig, um die Gespräche auch in Taten umzusetzen. Wir brauchen eine Kerngruppe aus Finanzministern, die die Verantwortung dafür übernehmen, Probleme vorherzusehen, Informationen und Einsichten auszutauschen, gegenseitige Interessen auszuloten, Maßnahmen zur Problemlösung in Gang zu setzen und Differenzen zumindest zu steuern. Für finanzielle und wirtschaftliche Zusammenarbeit sollten wir eine neue Lenkungsgruppe mit Brasilien, China, Indien, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika und die gegenwärtige G7 als Mitglieder in Betracht ziehen. Eine derartige Lenkungsgruppe würde über 70 Prozent des weltweiten BIP, 56 Prozent der Weltbevölkerung, 62 Prozent der weltweiten Energieproduktion, die größten Erzeuger von Kohlenstoffemissionen, die wichtigsten Entwicklungshilfegeber, große regionale Akteure sowie die wichtigsten Spieler auf den globalen Kapital-, Rohstoff- und Devisenmärkten zusammenbringen. Aber diese Lenkungsgruppe wäre keine G14. Wir erschaffen keine neue Welt, indem wir die alte kopieren. Die Gruppe muss ohne Zahlen und flexibel laufen und könnte sich im Lauf der Zeit verändern. Andere könnten hinzukommen, vor allem, wenn ihr steigender Einfluss mit der Bereitschaft einhergeht, Verantwortung zu übernehmen. Diese neue Lenkungsgruppe sollte regelmäßig zusammenkommen und Videokonferenzen abhalten, um Gruppenverantwortung zu fördern. Die Stellvertreter sollten häufig informelle Gespräche führen. Ein aktives Netz aus bilateralen Konsultationen innerhalb der Gruppe und darüber hinaus wird sie stützen. Wir brauchen ein Facebook für multilaterale Wirtschaftsdiplomatie. Der IWF und die Weltbankgruppe können, vielleicht gemeinsam mit der WTO, diese Lenkungsgruppe unterstützen. Wir können aufkommende Probleme entdecken, Analysen bereitstellen, Lösungen vorschlagen und unsere Mitglieder zur Bildung von Koalitionen auffordern, um Probleme anzugehen. Die Mitglieder der Lenkungsgruppe werden nach wie vor über etablierte internationale Institutionen und Regelwerke arbeiten müssen, zu denen andere Staaten gehören. Souveränitäten werden respektiert. Aber die Kerngruppe würde die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Länder gemeinsam an Lösungen für Probleme arbeiten, die größer als ein einzelner Staat sind. Wir brauchen diesen Mechanismus, damit Länder nicht zum Scheitern verurteilt sind – mit all den Konsequenzen für die Menschen, Wirtschaft und Politik, die für das jeweilige Land und seine Nachbarn entstehen. Wir brauchen ihn, damit globale Probleme nicht erst im Nachhinein behoben, sondern bereits im Vorfeld erkannt werden. Wir brauchen ihn, damit Dialog zur Gewohnheit wird und wir das notwendige Vertrauen aufbauen, bevor die Krise eintritt. Wir brauchen ihn zur Ausgestaltung multilateraler Lösungen. Internationale Finanzen und Entwicklung Wir haben die dunkle Seite der globalen Verbundenheit gesehen. Wir müssen zum Licht streben. Die erste Aufgabe wartet zu Hause auf uns. Nächstes Jahr werden in den Vereinigten Staaten größere Anstrengungen unternommen werden, um das gescheiterte System der Finanzregulierung und –aufsicht zu sanieren. Verbesserungen bei Clearing und Abrechnung sind vonnöten. Regeln zu Transparenz, Kapital, Fremdfinanzierung, Rechnungslegung und Liquidität, die immer mehr an Bedeutung gewinnt, müssen modernisiert werden. Wir müssen fragen, warum so viele sorgfältig regulierte und beaufsichtigte Institutionen in Schwierigkeiten geraten sind. Jedes risikobasierte Modell hängt in entscheidendem Maße von Annahmen ab, und zwar unabhängig davon, wie ausgereift und wie gut beaufsichtigt es ist. Und was passiert, wenn die Annahmen falsch sind? Die sich ändernden Bedingungen, die für das Scheitern verantwortlich sind, hängen immer mehr von Verlagerungen in der Welt-Wirtschaft ab. Weil die Krise auf Grund der vielen Verflechtungen internationale Bedeutung hat, müssen die Reformen multilateraler Art sein. Das Forum für Finanzstabilität (Financial Stability Forum, FSF) unter dem fähigen Vorsitz des italienischen Zentralbankchefs Mario Draghi hat damit begonnen, diese Probleme anzugehen. Aber das FSF konzentriert sich auf die OECD-Länder. Diese Fragen zur Finanzaufsicht müssen jedoch in einem breiteren multilateralen Kontext angegangen werden – sei es durch ein erweitertes FSF, eine engere Verbindung zwischen FSF und IWF oder durch eine Lenkungsgruppe. Wir müssen ein Frühwarnsystem des IWF für die Weltwirtschaft unterstützen, das sich auf die Prävention und nicht nur die Beilegung von Krisen konzentriert. Die finanziellen Schockwellen, die im September von den USA ausgingen, hallen in der Weltwirtschaft nach. Die bittere Wirklichkeit sieht so aus, dass die Entwicklungsländer sich auf einen Rückgang bei Handel, Kapitalströmen, Überweisungen und inländischen Investitionen sowie auf ein verlangsamtes Wachstum einstellen müssen. Länder mit soliden fiskalischen und Zahlungsbilanzpositionen sollten sich ermutigt fühlen, die Inlandsnachfrage durch Konsum und Investitionen anzukurbeln. Andere Länder jedoch haben wenig fiskalischen Spielraum, riskante Leistungsbilanzdefizite, Zahlungsbilanzprobleme oder Finanzrisiken oder haben in allen vier Bereichen Schwierigkeiten. Der Internationale Währungsfonds und die Entwicklungsbanken sind hier gefordert. Für manche größere Länder, die sich in einer bedrohlichen Lage befinden, sollten die Lenkungsgruppe und befreundete Länder gemeinsam mit IWF und Banken Unterstützung anbieten, die an Politikreformen geknüpft ist, die das Land zu nachhaltigem Wachstum zurückführen. Der IWF muss außerdem über die Überwachung hinaus stets eine Rolle im Wechselkurssystem der Welt spielen. Wie Jean Pisani-Ferry vor kurzem schrieb, ist ein Großteil der Entwicklungsländer noch nicht für ein unabhängiges Floaten ihrer Währungen bereit, weil die Liberalisierung der Finanzmärkte noch nicht abgeschlossen ist und Befürchtungen hinsichtlich unkontrollierter Berichtigungen bestehen. Der IWF kann mit Unterstützung der Lenkungsgruppe mehr Optionen bieten, so etwa Referenzwährungen, die an Währungskörbe oder Rohstoffe geknüpft sind. Im Lauf der Zeit müssen wir uns auf ein internationales Finanzsystem mit mehreren Reservewährungen und anderen Währungen einstellen, die über verschiedene Referenzwährungen miteinander verknüpft sind. Der Neue Multilateralismus muss die globale Entwicklung auf eine Stufe mit internationalen Finanzen stellen. Die Größe der finanziellen Rettungspakete hat nur wenig Einfluss, erst wenn wir eine umfassendere Globalisierung schaffen, wird die Instabilität in der Welt nachlassen. Wirtschaftliche Multipolarität sorgt wie ein breit gestreutes Investmentportfolio für Stabilität und Chancen. Aber zur Förderung eines umfassenderen und nachhaltigeren Wachstums müssen wir Hilfe in einem anderen Licht betrachten. Vor zwei Wochen sammelten internationale Partner bei den Vereinten Nationen 16 Mrd. USD für Entwicklungsprojekte. Diese Gelder sind lebensnotwendig, und wir brauchen noch mehr, wenn wir die Millennium- Entwicklungsziele erreichen wollen. Aber wir müssen auch unseren Ansatz ausweiten. Wir müssen der wachsenden Anzahl an Afrikanern Gehör schenken, die Märkte und Chancen wollen statt Abhängigkeit von Entwicklungshilfe. Privates Kapital und Märkte werden die treibenden Kräfte für Wachstum bleiben. Wir müssen über Projekte und Programme hinweg nach neuen Wegen für die Entwicklungshilfe suchen. Wir brauchen innovative Instrumente und Vermittler, damit wir folgende Schritte unternehmen können: staatliche Vermögensfonds mit Kapitalinvestitionen in Afrika verknüpfen, Anleihemärkte in den Landeswährungen der Schwellenländer aufbauen, Entwicklungsrisiken durch Versicherungsfazilitäten für Wetter und Naturkatastrophen steuern, Kleinbauern helfen, die Machbarkeit öffentlich- privater Finanzierungspartnerschaften zum Aufbau von Infrastruktur beweisen, die Arten der Unterstützung ausweiten – von Zusagen zur Entwicklung lebensrettender Arzneimittel bis zu Schulden- und Zinsrückkäufen. Während wir mittel- und langfristig Märkte und Institutionen aufbauen, braucht der Neue Multilateralismus Mechanismen, mit denen er sich sehr viel schneller und wirksamer bewegen kann, um in Krisenzeiten den anfälligsten Ländern zu helfen. Ein Beispiel hierfür ist die neue schnelle Finanzierungsfazilität in Höhe von 1,2 Mrd. USD für die Länder, die durch die hohen Nahrungsmittelpreise in Gefahr geraten. Ein weiteres Beispiel wäre etwa die Reform humanitärer Lebensmittelhilfe. Mit einer bescheidenen Modernisierung der Geberunterstützung für das Welternährungsprogramm – z.B. Kernfinanzierung oder mehrjährige Finanzierung und eine Kreditlinie – könnten wir die Finanzmarktinstrumente anwenden, um dem Welternährungsprogramm bei der Steuerung von Liquiditäts-, Markt- und operativen Risiken zu helfen. In gemeinsamer Arbeit mit der Weltorganisation für Meteorologie könnten sich das Welternährungsprogramm und die Weltbank besser vorbereiten, Kosten einsparen und rascher reagieren. Wir brauchen außerdem eine weltweite Vereinbarung, die das Exportverbot von Nahrungsmitteln oder prohibitive Steuern auf humanitäre Käufe untersagt. Des Weiteren ist eine Vereinbarung notwendig, die im Falle übermäßiger Preiserhöhungen infolge von Hamsterei oder Spekulation die Freigabe nationaler Vorräte ermöglicht. Dieses Instrumentarium zum Risikomanagement ist die Antwort des 21. Jahrhunderts auf die großen Nahrungsmittelvorräte, die in der Vergangenheit aus Sicherheitsgründen angelegt wurden. Wir brauchen dazu aber eine politische Führung, die die alten bürokratischen Modelle durchbricht. Die Weltbankgruppe muss sich auch schneller anpassen, damit sie den neuen Bedarf ihrer Kunden und die Interessen ihrer Anteilseigner erfüllen kann. Wir müssen unsere Führung besser an die Realitäten des 21. Jahrhunderts angleichen. Über unsere ersten Schritte zur Veränderung von Stimme, Vertretung und Verantwortung hinausblickend werde ich eine hochrangige Kommission einsetzen, um die Führung der Weltbankgruppe zu modernisieren – damit wir dynamischer, wirksamer, effizienter und legitim in einer veränderten globalen Wirtschaftspolitik operieren können. Ich freue mich, dass sich Ernesto Zedillo zur Übernahme des Vorsitzes bereit erklärt hat. Ich habe Ernesto gebeten, mit Kollegen zusammenzuarbeiten, die derzeit Führungsfragen beim IWF untersuchen. 1944 haben die Gründerväter des wirtschaftlichen Multilateralismus in Bretton Woods die Gunst der Stunde genutzt, um eine bessere Zukunft zu schaffen. Wir dürfen heute nicht weniger ehrgeizig sein. Die WTO und das Welthandelssystem Die Doha-Welthandelsrunde in der WTO röchelt nach Luft. Es ist absolut notwendig, dass die WTO und ein offenes Welthandelssystem nicht mit diesen Verhandlungen untergehen. Verhandlungen zum Handel werden anderswo weitergeführt werden. Jüngste Forschungsergebnisse zeigen, wie FTA-Verhandlungen eine breitere Öffnung der Märkte unterstützen können. Aber FTAs und bevorzugte Absprachen ohne breite Basis könnten die weltweite Liberalisierung schwächen. Sie müssen an globale Disziplinen angebunden werden. Und das multilaterale System bleibt die einzige Möglichkeit, um das Gewicht der handelsverzerrenden Agrarsubventionen zu verringern, die sich immer noch auf rund 260 Mrd. USD jährlich belaufen. Streitigkeiten in der WTO führen zu Gewinnern und Verlierern. Wenn es zum Ausgleich keine Verhandlungen gibt, bei denen beide Seiten als Gewinner hervorgehen, wird eine WTO, die man nur mit Streitigkeiten assoziiert, ihre Unterstützung wahrscheinlich verlieren. Die Mitglieder der WTO müssen sich überlegen, wie sie die globale Liberalisierung weiter fördern wollen. Eine Möglichkeit besteht in der Verlagerung der Handelserleichterungen vom Verhandlungstisch auf einen Entwicklungsplan. Es gibt Wege, um die Kosten des Handels weitaus stärker zu senken als Zölle und sonstige Handelsbarrieren diese erhöhen. Die Indikatoren der Weltbank „Doing Business“ und „Logistics“ bilden das diagnostische Fundament. Regionale Gremien wie die APEC haben den Weg in der Praxis vorgezeichnet. Wir können Ländern bei der Vereinfachung und Angleichung von Verfahrensweisen und Dokumentation über die gesamte Lieferkette hinweg helfen. Länder können die Techniken des Risikomanagement bei der Grenz- und Zollabwicklung, unterstützt von EDV, anwenden. Und wir können die Kapazität, Technologie und Verfügbarkeit von Handelsfinanzierung stärken. Die ursprüngliche multilaterale Überlegung hinter den GATT-Verhandlungen, aus denen die WTO hervorging, war die „Zollabmachung“. Obwohl es im wirtschaftlichen Interesse eines Landes liegen sollte, Schutzzölle abzubauen und Kosten einzusparen, verlangten politische Interessen den „Tauschhandel“ mit Handelsbarrieren, die von geschützten Gruppen verteidigt wurden. Eine neue Agenda für Handelserleichterung und Entwicklung setzt das Eigeninteresse für die Einsparung von Handelskosten für das multilaterale Interesse an der Förderung von mehr Integration, Effizienz und Chancen ein, das heißt: mehr Arbeitsplätze, mehr Wachstum, weniger Armut. Wenn Exporteure und Importeure ihre Geschäfte steigern, können sie ihrem Ruf nach Liberalisierungsverhandlungen vielleicht auch mehr Gehör verschaffen. Das ist Multilateralismus in praktischen Schritten – Fortschritt im Rahmen des Möglichen. Energie und Klimawandel Das neue multilaterale Netz muss auch Energie und Klimawandel miteinander verknüpfen. Die Energiemärkte der Welt sind ein einziges Chaos. Produzenten, die einen Preissturz fürchten, scheuen neue Investitionen. Konsumierende Länder wollen niedrigere Preise für Verbraucher, aber gleichzeitig Preise, die hoch genug sind, um Sparsamkeit, Effizienz, alternative Energiequellen und neue Technologien zu fördern. Unter dieser allgemeinen Verwirrung leiden die anfälligsten Länder und Menschen, weil sie mit hohen Preisen, Preisvolatilität und Klimawandel konfrontiert werden. Ein Großteil der Ölproduktion wird heute von nationalen Ölkonzernen kontrolliert. Diese Lieferanten reagieren auf Marktsignale anders als private Produzenten. Wir brauchen eine „globale Abmachung“ unter den größten Energ ieproduzenten und –verbrauchern. Die Internationale Energieagentur organisierte OECD-Verbraucher, berücksichtigt aber nicht alle aufstrebenden Mächte. Vor ein paar Jahren schlug China ein Bündnis der größten Energiekonsumenten vor, um dem Produzentenkartell wirksamer begegnen zu können. Diesem Vorschlag sollte man nachgehen, allerdings mit einer breiter gefassten Zielsetzung. Eine derartige Abmachung sollte zumindest den Austausch von Plänen zur Ausweitung der Vorräte enthalten, die über Öl und Gas hinausgehen, sie sollte eine Verbesserung des Energienutzungsgrads und einen Rückgang der Nachfrage enthalten sowie Unterstützung für die Armen und Überlegungen, wie diese Maßnahmen sich zur Politik über Kohlenstoffproduktion und Klimawandel verhalten. Industrienationen müssen neue Technologien entwickeln und auf den Markt bringen und damit sowohl reifen Volkswirtschaften als auch Entwicklungsländern helfen. Entwicklungsländer müssen teure Subventionen abbauen und ihre Effizienz steigern und gleichzeitig soziale Instabilitäten meistern. Und jeder sollte sich dafür einsetzen, dass Energieressourcen nicht zum Auslöser nationaler Sicherheitsbedrohungen werden. Ein Teil der Abmachung wird die Bereitstellung von Chancen für Entwicklungsländer sein, damit sie längerfristige Investitionen zur Senkung ihrer Anfälligkeit gegenüber hohen und volatilen Treibstoffpreisen vornehmen können, gleichzeitig müssen die armen Länder mit einem Sicherheitsnetz umgeben werden. Der Zugang zu Energie muss eine entscheidende Komponente für Investitionen in saubere Energien sein. Mehr als eineinhalb Milliarden Menschen auf der Welt werden nicht mit elektrischem Strom versorgt, darunter etwa drei Viertel der Bevölkerung in Afrika südlich der Sahara. Auf Bitten wichtiger Anteilseigner entwickelt die Weltbankgruppe derzeit die Initiative „Energie für die Armen“, die den ärmsten Ländern dabei helfen soll, den Energiebedarf auf effiziente und nachhaltige Weise zu decken. Vielleicht gehen wir mit der globalen Abmachung noch weiter. Es könnte ein gemeinsames Interesse daran bestehen, eine Preisspanne zu steuern, die die Interessen beim Übergang zu Strategien für eine langsamere Zunahme der Kohlenstoffemissionen, einen breiteren Angebotsfächer und mehr internationale Sicherheit vereint. Multilaterale Übereinkommen zu Energie-Warenterminkontrakten – die zu einer klaren Preisgestaltung für Kohlenstoff führen – sind eventuell auch für die UNFCCC-Verhandlungen zum Klimawandel von entscheidender Bedeutung. Länder befürchten, dass in einer Welt mit ungewissen Energiekosten, Technologien und Vorräten ein Abkommen zum Klimawandel ihr Wachstum oder ihre Anpassungsfähigkeit behindern könnte. EineVereinbarung zwischen wichtigen Erzeugerländern und Verbrauchern kann diesen Risiken entgegenwirken, was die Bereitschaft zur Reduzierung von Kohlenstoffemissionen erleichtert. Ein Abkommen zum Klimawandel muss auch durch ein neues Instrumentarium unterstützt werden. Wir brauchen neue Mechanismen zur Unterstützung von Aufforstung und Vermeidung von Rodungen, zur Entwicklung neuer Technologien und deren rascher Verbreitung, zur Bereitstellung von Finanzhilfe an die ärmeren Länder, zur Unterstützung bei der Anpassung und zur Stärkung der Kohlenstoffmärkte. Vor zwei Wochen veranstaltete die Bank eine Zusicherungs-Session, um weitere Ressourcen für diese Aufgaben bereitzustellen. Dabei wurden 6,1 Mrd. USD für neue Klima-Investmentfonds erzielt. Die Lenkungsgruppe sollte Maßnahmen zu Energie, Umwelt und Finanzierung vorantreiben, um die UN- Verhandlungen und die praktische Umsetzung eines Abkommens zu unterstützen. Fragile Staaten: Sicherung der Entwicklung Das neue multilaterale Netz ist nirgendwo wichtiger als in fragilen Staaten und in Ländern in der Konfliktfolgezeit, in der die „untere Milliarde“ Menschen lebt. Zu oft hat die Entwicklungsgemeinde Staaten, die unter Fragilität und Konflikt leiden, einfach als schwierigere Fälle der Entwicklungshilfe betrachtet. Und doch verlangen diese Situationen einen Blick über die Entwicklungsanalyse hinaus – auf ein neues Rahmenwerk zum Aufbau von Sicherheit, Legitimität, Regierungsführung und Wirtschaft. Dabei geht es nicht um Sicherheit oder Entwicklung im gewöhnlichen Sinne. Es geht auch nicht um das, was wir unter friedensbildenden oder friedenserhaltenden Maßnahmen verstehen. Die Sicherung der Entwicklung ist die Zusammenführung von Sicherheit und Entwicklung, um zunächst einmal den Übergang von der Konflikt- zur Friedenszeit zu ebnen und dann für Stabilität zu sorgen, damit die Entwicklung im Laufe eines Jahrzehnts und darüber hinaus Fuß fassen kann. Nur durch die Sicherung der Entwicklung können wir Wurzeln schlagen, die tief genug sind, um den Zyklus aus Fragilität und Gewalt zu durchbrechen. Wir wissen heute kaum, wie wir die Entwicklung sichern können, um Sicherheit, Regierungsführung und die Wirtschaft möglichst effektiv zu gestalten. Bei den internationalen Kapazitäten bestehen gravierende Lücken. Letzten Endes sind die Menschen das wichtigste Element in fragilen Staaten oder Ländern in der Konfliktfolgezeit. Aber wir brauchen viel stärkere und längere multilaterale Hilfe, damit die Menschen in diesen Ländern nicht länger Opfer sind, sondern zu einer treibenden Kraft für die Gesundung werden. Über die Hilfe hinaus brauchen wir neue vernetzte Beziehungen zwischen friedenserhaltenden Kräften und praktischer Entwicklungshilfe sowie einen neuen Sicherheitsansatz. VI. Schlussbemerkung Nächsten Monat werden die USA einen neuen Präsidenten wählen. Dieser Präsident muss mehr sein als die Feuerwehr für finanzielle Stabilisierung. Der Umgang mit den wirtschaftlichen Folgen wird eine Hauptaufgabe der neuen Regierung sein. Diese Arbeit betrifft aber nicht nur Amerika. Beide Kandidaten haben davon gesprochen, die Verbindungen Amerikas mit der Welt zu stärken. Es ist entscheidend, wie der nächste amerikanische Präsident dabei vorgeht. Das Schicksal präsentiert eine Chance, die in Notwendigkeit verpackt ist: Multilateralismus und Märkte modernisieren.