Das Ende der Dritten Welt? Modernisierung des Multilateralismus für eine multipolare Welt Available in: 日本語, ‫العربية‬, Français, руÑ?Ñ?кий, Español, English, 中文, Italiano, Português, ภาษาไทย Das Ende der Dritten Welt? Modernisierung des Multilateralismus für eine multipolare Welt Robert B. Zoellick Präsident Weltbankgruppe Woodrow Wilson Center for International Scholars 14. April 2010 Einführung: Das Ende der Dritten Welt? Seit Jahrzehnten diskutieren Fachleute für Sicherheits- und internationale Politik über die Entstehung eines multipolaren Systems. Es ist an der Zeit, dass wir die neuen Parallelen in der Wirtschaft anerkennen. Wenn das Jahr 1989 mit dem Niedergang des Kommunismus das Ende der „Zweiten Welt“ markierte, brachte das Jahr 2009 das Ende dessen, was wir als „Dritte Welt“ kannten: Wir leben heute in einer neuen, sich rasant entwickelnden multipolaren Weltwirtschaft, in der einige Entwicklungsländer aufstrebende Wirtschaftsmächte sind und andere zu zusätzlichen Wachstumspolen avancieren. Wieder andere bemühen sich, ihr Potenzial in dieser neuen Ordnung zu wahren, in der Nord und Süd, Ost und West nur noch Punkte auf einem Kompass sind, aber nicht mehr über die wirtschaftlichen Geschicke entscheiden. Die Armut bleibt ein Problem, das angegangen werden muss. Gescheiterte Staaten bleiben ein Problem, das angegangen werden muss. Weltweite Probleme verschärfen sich und müssen angegangen werden. Doch die Art und Weise, wie wir diese Probleme angehen müssen, verändert sich. Die überholte Einteilung in eine Erste und eine Dritte Welt, Geber und Bittsteller, Führer und Geführte trifft nicht mehr zu. Das hat weitreichende Auswirkungen: Auf den Multilateralismus, weltweite kooperative Maßnahmen, die Machtverhältnisse, die Entwicklung und die internationalen Institutionen. Multilateralismus zählt Die weltweite Wirtschaftskrise hat gezeigt, das Multilateralismus wichtig ist. In den Abgrund blickend, zogen die Länder an einem Strang, um die Weltwirtschaft zu retten. Aus dieser Krise entstanden die modernen G-20. Sie bewiesen ihr Leistungsvermögen, indem sie rasch handelten, um das Vertrauen wiederherzustellen. Die Frage lautet nun, ob dies eine Ausnahme, ein Strohfeuer war. Werden Historiker auf das Jahr 2009 zurückblicken und es als einen einmaligen Fall von internationaler Kooperation werten? Oder werden sie es als Beginn von etwas Neuem ansehen? Einige betrachten Woodrow Wilsons Versuch, nach dem Ersten Weltkrieg eine neue internationale Ordnung zu schaffen, als verpasste Gelegenheit, die die Welt in gefährlichem Fahrwasser zurückließ. Wird dies ein ähnlicher Augenblick sein? Die Gefahr heute besteht darin, dass angesichts der abnehmenden Angst vor der Krise die Bereitschaft zur Zusammenarbeit ebenfalls schwindet. Wir spüren bereits die Trägheitskräfte, die eine Welt der Nationalstaaten wieder dazu bewegen, engstirnige Interessen zu verfolgen. Das wäre ein Fehler. Die tektonischen Platten in Wirtschaft und Politik verschieben sich. Wir können uns auf diese Verschiebungen einstellen oder die neue Welt weiterhin durch das Prisma der alten Welt betrachten. Wir müssen die neuen Realitäten anerkennen. Und entsprechend handeln. Was ist anders? Neue Nachfragequellen Was ist anders? Die Entwicklungsländer waren nicht die Ursache der Krise, könnten aber ein wichtiger Teil der Lösung sein. Unsere Welt wird in 10 Jahren deutlich anders aussehen. Für Nachfrage werden nicht mehr nur die Vereinigten Staaten sorgen, sondern Länder aus allen Teilen der Welt. Die Veränderungen sind bereits sichtbar. Asiens Anteil an der Weltwirtschaft in Kaufkraftparitäten ist von 7 Prozent im Jahr 1980 stetig bis auf 21 Prozent im Jahr 2008 gestiegen. Asiens Aktienmärkte steuern heute 32 Prozent zur weltweiten Marktkapitalisierung bei, die Vereinigten Staaten dagegen nur 30 Prozent und Europa 25 Prozent. Im vergangenen Jahr löste China Deutschland als Exportweltmeister ab. Das Land überholte auch die Vereinigten Staaten als weltgrößter Automarkt. Die Importzahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die Entwicklungsländer werden zu einem Motor für die Weltwirtschaft. Die Erholung des Welthandels geht zum Großteil auf die starke Importnachfrage der Entwicklungsländer zurück. Deren Einfuhren liegen bereits 2 Prozent über dem Hochstand vor der Krise im April 2008. Im Gegensatz dazu liegen die Importe der einkommensstarken Länder nach wie vor 19 Prozent unter dem früheren Hochstand. Die Importe der Entwicklungsländer betragen zwar nur rund die Hälfte der Einfuhren der Hocheinkommensländer, steigen aber sehr viel schneller. Folglich steuerten sie mehr als die Hälfte zum Anstieg der weltweiten Importnachfrage seit dem Jahr 2000 bei. Neue Wachstumspole Die Weltwirtschaft sucht ein neues Gleichgewicht. Das ist zum Teil etwas Neues. Zum Teil ist dies aber auch nur die Wiederherstellung eines alten Zustands. Laut Angus Maddison entfiel in 18 der letzten 20 Jahrhunderte mehr als die Hälfte der Weltproduktion auf Asien. Wir beobachten einen Trend zu mehreren Wachstumspolen: die Mittelschicht in Entwicklungsländern wächst, Milliarden von Menschen werden Teil der Weltwirtschaft und neue Formen der Integration kombinieren eine regionale Intensivierung mit weltweiter Offenheit. Diese Veränderungen betreffen nicht nur China oder Indien. Der Anteil der Entwicklungsländer am weltweiten BIP in Kaufkraftparitäten hat sich von 33,7 Prozent im Jahr 1980 auf 43,4 Prozent im Jahr 2010 erhöht. Entwicklungsländer werden in den nächsten fünf Jahren und danach voraussichtlich hohe Wachstumsraten erzielen. Das Wachstum in Subsahara-Afrika könnte bis 2015 durchschnittlich über 6 Prozent erreichen und in Südasien, wo die Hälfte aller Armen der Welt lebt, im selben Zeitraum sogar bis zu 7 Prozent jährlich. Südostasien ist zu einer Mitteleinkommensregion mit fast 600 Millionen Einwohnern geworden. Zu Indien und China entstehen Beziehungen, zu Japan, Korea und Australien vertiefen sie sich und zu Nordamerika und Europa bestehen sie infolge der weltweiten Beschaffung ohnehin. Der Nahe Osten ist eine wichtige Kapitalquelle für den Rest der Welt und avanciert zunehmend zu einem Drehkreuz für Business Services zwischen Ost- und Südasien und Europa/Afrika. Die offiziellen Bruttoreserven der Mitgliedstaaten des Golf-Kooperationsrats beliefen sich Ende 2008 auf über 500 Milliarden US-Dollar bei einem geschätzten Vermögen staatlicher Vermögensfonds von 1 Billion US-Dollar. Wenn die Maghreb-Länder historische Bruchlinien überwinden können, können sie Teil einer Integration Europas mit den Mittelmeeranrainern mit Verbindungen sowohl in den Nahen Osten als auch nach Afrika werden. In Lateinamerika und der Karibik entkamen von 2002 bis 2008 60 Millionen Menschen der Armut und eine wachsende Mittelschicht ließ das Importvolumen um jährlich 15 Prozent steigen. Afrika als möglicher Wachstumspol Die tektonischen Platten könnten sich weiter verschieben. Afrika verpasste die Produktionsrevolution, die Ostasiens Volkswirtschaften aus der Armut zu Wohlstand verhalfen. Doch Afrika muss nicht länger zurückbleiben. Heute werden in vielen afrikanischen Ländern selbst kleine, günstige Artikel wie Seife oder Schuhe, einfache Werkzeuge oder Grundbedarfsgüter importiert. Wenn es Afrika gelingt, diese Produkte im eigenen Land herzustellen und das örtliche Unternehmertum zu fördern, und zugleich geeignete Bedingungen für ausländische Investoren schafft, damit diese ihre Produktion nach Afrika verlagern, dann kann die Entwicklung in Afrika allmählich ganz anders aussehen. Im Gegensatz zu früheren fehlgeschlagenen Bemühungen zur Förderung von auf Importsubstitution abzielenden Interessen mit protektionistischer Absicht kann dieser Ansatz die Vorteile einer regionalen Integration auf den Weltmärkten nutzbar machen. Was ist dazu nötig? Zunächst einmal müssen die 80 Prozent der Afrikaner, die von 2 US-Dollar oder weniger pro Tag leben, genug verdienen, um Grundbedarfsgüter kaufen zu können. Die Landwirtschaft ist der größte Arbeitgeber und bietet Möglichkeiten, die Produktivität und die Einkommen zu steigern. Dazu sind Investitionen in alle Teile der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette nötig: Eigentumsrechte, Saatgut, Bewässerung, Düngemittel, Finanzen, grundlegende Technologien, Lagerung und Möglichkeiten, die Erzeugnisse auf Märkten anzubieten. Da rund zwei Drittel der afrikanischen Bauern Frauen sind, müssen wir ihnen helfen, gesetzlich verankerte Rechte und Eigentumsrechte sowie Zugang zu Dienstleistungen zu erlangen. Bei leicht höheren Einkommen und Lebensstandards können sich örtliche Erzeuger auf den örtlichen Markt und schließlich auf den Export ausrichten oder einstellen. Um weiter zu wachsen, braucht Afrika das, was Europa und Japan nach dem Zweiten Weltkrieg benötigten: Infrastruktur, Energie, integrierte Märkte mit Anbindung an die Weltwirtschaft und die Rahmenbedingungen für einen blühenden Privatsektor. Die öffentlichen Güter werden nicht der örtlichen Produktion zugute kommen. Die heutigen Verschiebungen eröffnen neue Möglichkeiten. Als die weltweite Krise ausbrach, erkannte China, dass es an der Zeit war, sich von einem reinen Spielzeug- und Schuhhersteller weiterzuentwickeln. China konnte in der Wertschöpfungskette aufsteigen, die Löhne und den Konsum steigern und seine „harmonische Gesellschaft“ erweitern. Chinesische Unternehmen wiederum konnten, dem Beispiel chinesischer Ressourcenentwickler und Bauunternehmen folgend, weniger Mehrwert schaffende Teile der Produktion in andere Länder auslagern, unter anderem nach Afrika. Sie können ermuntert werden, Fertigungsbereiche sowohl für die inländische Produktion als auch für den Export umzusiedeln. Diese Hersteller bringen Fachwissen, Maschinen sowie Zugang zu Vermarktungs- und Vertriebsnetzen mit. Die Weltbank arbeitet gemeinsam mit Afrikanern und Chinesen an der Schaffung von Industriezonen. Die ersten Investoren spüren die guten Aussichten, die Afrika bietet, und lassen sich von den Risiken nicht abschrecken – durch Lehman Brothers und Griechenland wissen Investoren, dass auch Industrieländer Risiken bergen können. Veränderungen der staatlichen Politik können Möglichkeiten für das Wachstum des Privatsektors schaffen, der wiederum anderen Unternehmen Dienstleistungen anbietet. In den zehn Jahren bis 2008 hat der Privatsektor mehr als 60 Milliarden US-Dollar in die Informations- und Kommunikationstechnologie in Afrika investiert; 65 Prozent der Afrikaner können heute mobile Sprachdienste nutzen und in Afrika werden 400 Millionen Mobiltelefone genutzt. IFC, die Organisation der Weltbankgruppe für den Privatsektor, trägt ihren Teil zu dieser wirtschaftlichen Revolution bei. Ein neuer IFC-Eigenkapitalfonds hat 800 Millionen US-Dollar von staatlichen Vermögens- und Pensionsfonds für Investitionen in Unternehmen in Afrika, Lateinamerika und der Karibik mobilisiert. Wirtschaftliche Verschiebungen bedeuten mögliche Machtverschiebungen Mit höheren Einkommen und dem stärkeren Wachstum gewinnen die Entwicklungsländer an Einfluss. Die alten Zeiten, in denen die Regierungschefs der G7 in gemütlicher Runde plaudern, sind vorbei. Heute machen die Gespräche einen ausreichend großen Tisch für die führenden Teilnehmer erforderlich – und dort müssen auch die Entwicklungsländer ihren Platz haben. Der G20-Gipfel im vergangenen Jahr in Pittsburgh erkannte diese Veränderung. Doch es wird mehr nötig sein als bloße Worte auf Papier. Woodrow Wilsons Worte auf Papier führten nicht dazu, dass die hochgesteckten Ideale Wirklichkeit wurden. Die Verantwortlichkeiten unter den Stakeholdern in den internationalen Systemen neu aufzuteilen wird keine leichte Aufgabe sein. Aber es muss passieren. Der Misserfolg im Jahr 1919 führte dazu, dass die Länder im Jahr 1929 nicht zusammenarbeiten konnten und im Jahr 1939 in Europa erneut ein Krieg ausbrach. Heute sehen wir bereits die Probleme. Die Doha-Runde der Welthandelsorganisation und der Klimagipfel in Kopenhagen offenbarten, wie schwierig es sein wird, die Industrie- und die Entwicklungsländer am Nutzen und den Verantwortlichkeiten teilhaben zu lassen. Jene Debatten verdeutlichten außerdem, wie vielfältig die Probleme sind, vor denen die verschiedenen Entwicklungsländer stehen. Wenn es nicht länger möglich ist, große internationale Probleme ohne Beteiligung der Entwicklungs- und Transformationsländer zu lösen, kann man auch nicht mehr einfach annehmen, dass die größten dieser Länder —die sogenannten „BRIC-Länder“ Brasilien, Russland, Indien und China—alle anderen vertreten. Und das betrifft eine Vielzahl weiterer anstehender Herausforderungen: Wasser, Krankheiten, Migration, demografische Entwicklung sowie fragile Staaten und Länder in der Konfliktfolgezeit. Auf dem Weg zur Schaffung eines neuen Forums in den G20 müssen wir sorgfältig darauf achten, der Welt keine neue, starre Hierarchie aufzustülpen. Die G20 sollten stattdessen als „Lenkungsgruppe“ über ein Netzwerk von Ländern und internationalen Institutionen operieren. Sie sollten die Verflechtungen zwischen den Problemen anerkennen und Punkte von gemeinsamem Interesse fördern. Das System kann nicht hierarchisch und sollte nicht bürokratisch sein. Auch muss es sich als effektiv erweisen, indem es Aufgaben bewältigt. Die Gefahr einer Geopolitik nach althergebrachtem Muster Wenn Trägheitskräfte in der Politik die Länder dazu bewegen, wieder engstirnige Interessen zu verfolgen, birgt dies die Gefahr, dass wir diese im Wandel begriffene Welt durch das Prisma der alten G7 betrachten; die Interessen der Industrieländer können, selbst wenn sie gut gemeint sind, die Sichtweise der Schwellenländer nicht vertreten. Wir können uns eine Geopolitik nach althergebrachtem Muster nicht erlauben. Ebenso wenig können wir uns in einen „alten Multilateralismus“ – eine Metternich’sche Lösung nach dem Vorbild des Wiener Kongresses im 19. Jahrhundert – flüchten, der sich Veränderungen zu widersetzen versucht. Eine „neue Geopolitik der multipolaren Wirtschaft“ muss Verantwortlichkeiten aufteilen und z ugleich verschiedene Sichtweisen und Umstände anerkennen, um gegenseitige Interessen zu fördern. Finanzreform Beispiel Finanzreform: Die Welt hat für den Beinahe-Zusammenbruch des weltweiten Finanzsystems einen hohen Preis in Form von Arbeitsplatzverlusten und ruinierten Leben gezahlt. Natürlich brauchen wir eine bessere Finanzregulierung mit rigideren Kapital-, Liquiditäts- und Aufsichtsstandards. Ein neuer aufsichtlicher Rahmen muss systemische Risiken berücksichtigen, Formen der Aufsicht rückgängig machen, die das Auf und Ab der Zyklen verstärken, die Beaufsichtigung konsolidieren, um Lücken zu verhindern, und die Inflation der Anlagenpreise wie auch der Preise für Waren und Dienstleistungen berücksichtigen. Doch Vorsicht vor unerwünschten Folgen. Wir sollten die Kosten nicht dadurch erhöhen, dass wir finanziellen Protektionismus fördern oder Finanzdienstleistungen für die Armen unangemessen einschränken. Die in Brüssel, London, Paris oder Washington beschlossenen Vorschriften mögen sich für Großbanken in Industrieländern eignen. Doch was ist mit den kleineren Banken, sei es in Industrie- oder in Entwicklungsländern? Diese Vorschriften könnten den Finanzsektor, Innovationen und das Risikomanagement in Entwicklungsländern abwürgen. Sie könnten grenzüberschreitende Investitionen erschweren. Die Vorgabe, Kredite lokal zu vergeben, könnte die gleiche Wirkung haben wie der Aufruf, lokale Produkte zu kaufen. Bestimmungen, die eine „lokale physische Präsenz“ vorschreiben, könnten die Versorgung ebenso beeinträ chtigen wie den Handel ersticken. Auflagen betreffend die „lokale Liquidität“ könnten zur Zersplitterung des globalen Liquiditätsmanagements führen und hohe zusätzliche Kosten verursachen, ohne die Sicherheit zu erhöhen. Derivate genießen heute einen schlechten Ruf. Das ist verständlich, wenn man an den Fall AIG denkt. Doch auch Landwirte im Mittleren Westen der USA nutzen Derivate, um sich gegen Schwankungen der Getreidepreise abzusichern. Mexiko sicherte sich mittels Energieoptionen einen guten Preis für das Öl, mit dem das Land einen Großteil des Staatshaushalts deckt. Die Weltbank zählte bei Währungsswaps zu den Vorreitern und nutzt Swaps zur Absicherung gegen Wechselkurs- und Zinsrisiken. Unsere Kredite bieten Absicherungsmöglichkeiten, um Kreditnehmer vor Wechselkurs- oder Zinsrisiken oder sogar vor anderen Risiken wie Dürren und Naturkatastrophen zu schützen. Indem wir halfen, ein an die weltweiten Märkte gebundenes System mit Krediten in Landeswährungen zu schaffen, trugen wir dazu bei, Entwicklungsländer vor den finanziellen Schockwellen der jüngsten Krise zu schützen. Finanzinnovationen führen bei umsichtiger Nutzung und sorgfältiger Beaufsichtigung zu Effizienzgewinnen und schützen vor Risiken: Die Weltbank ist der erste Anbieter von Viehversicherungen für mongolische Hirten und entwickelte für ein Wetterderivat zum Schutz vor Dürren sowie den karibischen Katastrophen-Versicherungspool. Dieser letztgenannte stellte Haiti nach dem Erdbeben im Januar Soforthilfen in Höhe von 8 Millionen US-Dollar zur Verfügung – schneller als jede andere ausländische Quelle. Wie der frühere mexikanische Präsident Zedillo warnte, stehen die Armen nicht vor dem Problem, dass es zu viele, sondern eher zu wenige Märkte gibt: Wir brauchen Märkte für Mikrofinanz oder kleine und mittlere Unternehmen, vor allem wenn sie von Frauen geführt werden; Märkte für den Transport, die Lagerung, und den Verkauf von Waren, Märkte für Spar-, Versicherungs- und Anlageprodukte. Die Wall Street hat der Welt die Gefahren von Finanzinnovationen vor Augen geführt. Wir müssen nun achtsam und entschlossen handeln. Doch die Entwicklung hat bewiesen, dass sie Nutzen bietet. Ein populistischer Ansatz der G7 kann Chancen für Milliarden von Menschen zunichte machen. Klimawandel Beispiel Klimawandel: Es besteht die Gefahr, dass wir versuchen, den Entwicklungsländern eine Patentlösung nach dem in Industrieländern gängigen Schema aufzustülpen. Und dass sie sich dagegen wehren. Die Klimaschutzpolitik kann an die Entwicklung gekoppelt werden und die Unterstützung der Entwicklungsländer im Kampf gegen einen geringeren CO2-Anstieg gewinnen – jedoch nur ohne Zwang. Dabei geht es nicht um ein mangelndes Engagement für eine grünere Zukunft. Auch die Menschen in den Entwicklungsländern wollen eine saubere Umwelt. Die Entwicklungsländer brauchen Unterstützung und Finanzmittel, um in ein umweltfreundlicheres Wachstum zu investieren. 1,6 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu Elektrizität. Die Herausforderung besteht darin, den Ãœbergang zu saubererer Energie zu fördern, ohne dafür Zugangsmöglichkeiten, Produktivität und Wachstum zu opfern, die mehrere hundert Millionen Menschen aus der Armut führen können. Eine Geopolitik nach althergebrachtem Muster zu verhindern bedeutet, Probleme aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Wir müssen uns vom Schwarz-Weiß-Denken—entweder Energie oder Umweltschutz—lösen. Wir müssen eine Politik verfolgen, die die Folgen von CO2 berücksichtigt, die Energieeffizienz erhöht, saubere Energietechnologien mit Anwendungen in ärmeren Ländern entwickelt, netzunabhängige Solarenergie und Innovationen im Erdwärmebereich fördert und einen Nutzen der Forst- und Landnutzungspolitik für alle beteiligten Seiten sicherstellt. Und dabei können wir im gleichen Zug Arbeitsplätze schaffen und die Energiesicherheit erhöhen. Die Industrieländer profitierten von Staudämmen zur Stromerzeugung aus Wasserkraft. Mancher glaubt, die Entwicklungsländer sollten nicht den gleichen Zugang zu den Energiequellen haben, wie die Industrieländer sie nutzen. Sie machen es sich damit ebenso einfach, als würden sie einen Schalter drücken und das Licht in einem leeren Zimmer brennen lassen. Natürlich müssen wir uns um den Schutz der Umwelt bemühen, doch wir können nicht verlangen, dass afrikanische Kinder ihre Hausaufgaben bei Kerzenlicht machen, oder den Arbeitskräften in Afrika Arbeitsplätze in der Industrie verwehren. Die alte Sichtweise von Industrieländern ist der sicherste Weg, die Unterstützung der Entwicklungsländer für globale Umweltziele zu verlieren. Krisenreaktion organisieren Beispiel Krisenreaktion: In einer Welt im Umbruch besteht die Gefahr, dass die Industrieländer das Augenmerk auf Gipfeltreffen für das Finanzsystem legen oder sich auf die Misswirtschaft in Industrieländern wie Griechenland konzentrieren. Entwicklungsländer brauchen Gipfeltreffen für die Armen. Eine Lehre dieser Krise lautet, dass wirksame Sicherungsnetze eine „verlorene Generation“ verhinderten – im Gegensatz zur Asien-Krise in den 1990er Jahren. Ein offenes Ohr für die Sichtweise der Entwicklungsländer ist nicht länger eine Frage der Wohltätigkeit oder Solidarität: Es ist eine Frage von ureigenem Interesse. Diese Entwicklungsländer sind heute Quellen für Wachstum sowie Importeure von Investitionsgütern und Dienstleistungen aus Industrieländern. Entwicklungsländer wollen nicht nur über die hohe Verschuldung von Industrieländern sprechen, sie wollen den Fokus auf produktive Investitionen in die Infrastruktur und die frühkindliche Entwicklung legen. Sie wollen die Märkte von Fesseln befreien, um für Arbeitsplätze, eine höhere Produktivität und Wachstum zu sorgen. Viele sondieren, wie sie die Innovationen und die Effizienz von privaten Märkten nutzen können, um Infrastruktur und Dienstleistungen des öffentlichen Sektors bereitzustellen und aufrecht zu erhalten. Neue Rolle für aufstrebende Mächte Doch bei der Modernisierung des Multilateralismus geht es nicht allein darum, dass die Industrieländer lernen, sich auf die Bedürfnisse aufstrebender Mächte einzustellen. Denn Macht birgt Verantwortung. Die Entwicklungsländer müssen anerkennen, dass sie nun Teil der globalen Architektur sind. Sie haben ein Interesse an gesunden, dynamischen und flexiblen internationalen Systemen in den Bereichen Finanzen, Handel, Freizügigkeit von Ideen und Menschen und Umweltschutz – und an starken multilateralen Institutionen. Wir müssen für alle Seiten vorteilhafte Punkte finden, die einen Nutzen für alle Beteiligten möglich machen. Zugleich müssen wir politische Zwänge in den einzelnen Ländern und lokale Ängste anerkennen. Wir brauchen Abkommen, für die jede Regierung im eigenen Land Unterstützung findet. Was bedeutet diese Welt im Umbruch für die Entwicklung? Was bedeutet diese Welt im Umbruch für die Entwicklung? Entwicklung funktioniert nicht mehr nur von Nord nach Süd. Sondern auch von Süd nach Süd und sogar von Süd nach Nord – mit Lehren für alle, die dafür aufgeschlossen sind. Entwicklung sind bedingte Zuschussprogramme in Mexiko, die in aller Welt geprüft werden. Entwicklung sind Inder in Afrik a, die die sogenannte „weiße Revolution“ erklären – durch welche die Milchproduktion gesteigert wurde. Entwicklung ist eine neue Welt, in der die Entwicklungsländer nicht nur Empfänger, sondern auch Anbieter von Hilfen und Fachwissen sind. Genauso wenig geht es bei der Entwicklung um ideologisch gefärbte Allheilmittel, Patent- oder Standardlösungen. In einer multipolaren Wirtschaft bedeutet Entwicklung Pragmatismus, aus Erfahrungen zu lernen, anzuerkennen, dass Märkte und Geschäftsmöglichkeiten sich verändern, Ideen zu teilen und Wissen – ebenso wie Märkte – über innovative Netzwerke zu verknüpfen. Auch besteht die Zukunft der Entwicklung nicht allein aus Entwicklungshilfe nach altem Muster: Die staatlichen Fonds und Pensionsfonds, die mit der Weltbankgruppe in Afrika investieren wollen, stellen eine neue Form von Finanzintermediären dar. Das ist keine Form von Wohltätigkeit. Es handelt sich um Investitionen mit dem Ziel, gute Renditen zu erzielen. IFC trägt dazu bei, Informationshürden und Transaktionskosten zu senken. Wir streben nicht weniger an, als die Finanzmittelflüsse in die Entwicklungsländer zu revolutionieren. Modernisierung multilateraler Institutionen Wie werden wir eine „neue Geopolitik für eine multipolare Wirtschaft“ erreichen, in der alle statt in Clubs für wenige Auserwählte in Vereinigungen für Viele angemessen vertreten sind? Wenn sich die tektonischen Platten verschieben, müssen sich auch die multilateralen Institutionen verändern. Die Krise hat Möglichkeiten zur internationalen Zusammenarbeit aufgezeigt, aber auch deutlich gemacht, dass die multilateralen Institutionen modernisiert und gestärkt werden müssen, um die veränderte Welt widerzuspiegeln. Diese neue Welt macht es erforderlich, gemeinsame Interessen zu ermitteln, gemeinsame Maßnahmen zu vereinbaren und die Unterschiede, die zwischen einem viel größeren Spektrum von Ländern als je zuvor bestehen, zu überwinden. Sie erfordert Institutionen, die zügig handeln, flexibel und verantwortungsvoll sind, jenen ohne Stimme eine Stimme geben und rasch verwendbare Mittel zur Verfügung haben. Sie erfordert Institutionen, die Partnern bescheiden und respektvoll die Hand reichen, bereit sind, von anderen zu lernen, und als globales Bindeglied fungieren können, um eine neue Welt voranzutreiben, in der die Länder in Süd- Süd- sowie in Süd-Nord-Richtung voneinander lernen sowie Wissen und Erfahrungen austauschen. Sie erfordert Institutionen, die echte Ergebnisse vorweisen und im Falle eines Misserfolgs zur Verantwortung gezogen werden können. Die Weltbankgruppe muss sich reformieren, um hierzu einen Beitrag zu leisten. Und zwar fortlaufend, in einem immer rascheren Tempo. Staatliche und öffentliche Institutionen sind häufig veränderungsunwilliger als private Unternehmen, die sich dem Wettbewerb stellen müssen. Wir sind uns dieses Risikos bewusst. Als Reaktion darauf haben wir die umfassendsten Reformen in der Geschichte unserer Institution eingeleitet. Einleitung von Reformen, um repräsentativer und legitimer zu werden Eine modernisierte Weltbankgruppe muss die internationalen wirtschaftlichen Realitäten des 21. Jahrhunderts abbilden, die Rolle und die Verantwortung, aber auch die Vielfalt und besonderen Bedürfnisse der aufstrebenden Stakeholder anerkennen und Afrika ein stärkeres Mitspracherecht sichern. Angesichts dieser Anforderungen drängen wir bei unseren Anteilseignern darauf, dass sie ihr Versprechen einlösen und den Eigentumsanteil der Entwicklungsländer in diesem Monat auf 47 Prozent oder mehr erhöhen. Doch damit geben wir uns nicht zufrieden. Gemäß einem für internationale Finanzinstitutionen beispiellosen Modell werden die Anteilsverhältnisse alle fünf Jahre überprüft, um sie entsprechend dem weiteren wirtschaftlichen Wachstum und der Entwicklung unserer Anteilseigner anzupassen. Das Ziel ist dabei, langfristig mehr Gerechtigkeit zu schaffen. Erstmals würden die Anteilsverhältnisse auf einer Formel basieren, die eigens entwickelt wurde, um die Bedürfnisse und Mandate der Weltbankgruppe widerzuspiegeln: Sie werden nicht nur die Wirtschaftskraft reflektieren, sondern auch die Einzahlungen in unseren Fonds für die ärmsten Länder der Welt. Zu unserem oberen Management zählen nun so viele Führungskräfte aus Entwicklungsländern und Frauen wie nie zuvor. Und wir müssen noch mehr tun. Wir müssen mit den Entwicklungsländer als Klienten, nicht als Objekte von Entwicklungsmodellen nach Schema F zusammenarbeiten. Wir müssen ihnen helfen, Probleme zu lösen, und keine Theorien an ihnen erproben. Doch zur Lösung von Problemen sind auch Ressourcen nötig. Reformierung durch Aufstockung der Mittel Seit die Krise Mitte 2008 ihre volle Wucht entfaltete, hat die Weltbankgruppe mehr als 100 Milliarden US-Dollar zur Unterstützung der Entwicklungsländer zugesagt. Damit brach sie alle früheren Rekorde. Und ich möchte ganz besonders dem Stab der Weltbankgruppe dafür danken, dass er diese Herausforderung gemeistert hat. Wir verwendeten das Geld dort, wo es gebraucht wird – und das schnell. Obgleich die Weltbankgruppe traditionell ein Kreditgeber für Langzeitprojekte ist, übersteigen unsere Auszahlungen für die Entwicklung die Krisenhilfen des IWF. Als die Weltbankgruppe ihre Bemühungen verstärkte, um sich gegen die Gefahren zu stemmen, waren wir auf den effektiven und effizienten Einsatz der verfügbaren Mittel angewiesen. Wir werden mehr Mittel benötigen, um das erneute Wachstum zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass ein modernisierter Multilateralismus in dieser neuen multipolaren Weltwirtschaft funktioniert. Sollte sich die Erholung nicht fortsetzen, wären wir zur Untätigkeit verdammt. Die Weltbank erwägt daher die erste Kapitalerhöhung seit über 20 Jahren. Die Anteilseigner stehen vor der Wahl, die Weltbankgruppe zu stärken oder es zuzulassen, dass sie an Einfluss verliert. Die Folge wäre der Verlust einer effektiven multilateralen Institution, die dann nur noch über ungenügende Mittel verfügen würde, um auf das zu reagieren, was die Zukunft auch bringen möge. Wir haben nicht nur wichtige finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, sondern auch gezeigt, wie ein modernisierter Multilateralismus funktionieren kann. Wir fördern die Zusammenarbeit zwischen 186 Ländern —unseren Mitgliedern. Mehr als die Hälfte der Mittel zur Stärkung unseres Kapitals wird durch Preiserhöhungen und größere Kapitalinvestitionen aus Entwicklungsländern kommen. Eine gelungene Einigung über dieses Maßnahmenpaket würde im Gegensatz zu den jüngsten Fehltritten beim Klimaschutz und dem Handel eine multilaterale Erfolgsgeschichte darstellen. Reformen, um effektiver, innovativer und verantwortungsvoller zu werden Vertretung und Ressourcen – das allein genügt nicht. Wir müssen außerdem effektiver, reaktionsschneller, innovativer, flexibler und verantwortungsvoller werden. Wir leiten Reformen ein, um unseren strategischen Fokus dort zu schärfen, wo wir am wertvollsten sind, zum Beispiel in den Bereichen Klimawandel, Landwirtschaft, Wasser und Gesundheit, Stärkung der Regierungsführung und Krisenvorbereitung. Dazu legen wir das Augenmerk auf die Armen und Schadensanfälligen, vor allem in Subsahara- Afrika, auf die Schaffung von Wachstumsmöglichkeiten und auf die Förderung weltweiter kollektiver Maßnahmen. Wir leiten Reformen ein, um unsere Produkte und Dienstleistungen zu modernisieren, Innovationsmöglichkeiten zu fördern und ein neues Dezentralisierungsmodell zu untersuchen, mit dessen Hilfe wir erstklassige Fähigkeiten näher bei unseren Klienten einsetzen und zugleich Wissen und Erfahrungen weltweit sammeln, an örtliche Gegebenheiten anpassen und weitergeben können. Wir brauchen eine globale Reichweite, müssen aber auch lokal geerdet sein. Wir leiten Reformen ein, um den Fokus auf Ergebnisse zu legen, die Anstrengungen in den Bereichen Regierungsführung und Korruptionsbekämpfung, unter anderem durch gute Prävention, zu verstärken und für andere internationale Institutionen ein Vorbild für eine größere Transparenz und Verantwortung zu sein. Wir verfügen über Richtlinien für den Neuartigen Zugang zu Informationen, die auf den indischen und US-amerikanischen Gesetzen zur Informationsfreiheit basieren und die ersten – aber hoffentlich nicht die letzten – ihrer Art in internationalen Institutionen sind. Wir lancieren neue Richtlinien für den freien Zugriff auf Weltbankdaten. Erst in der vergangenen Woche schlossen wir eine Vereinbarung mit anderen multilateralen Entwicklungsbanken über den gegenseitigen Ausschluss korrupter Personen und Unternehmen. Außerdem führen wir eine sog. „Corporate Scorecard“ ein, so dass wir besser zur Rechenschaft gezogen werden können. Wir wissen, dass wir Fehler machen. Wenn die Ãœberwindung der Armut eine einfache Aufgabe wäre, wäre sie bereits vor langem beseitigt worden. Indem wir uns öffnen, damit andere sehen können, was wir tun, wie und mit welchen Ergebnissen wir etwas tun, werden wir Fehler rascher aufspüren und schneller beheben. Insgesamt werden diese Reformen umwälzende Wirkung haben. Wir werden nicht mehr die Weltbank sein wie zu Zeiten unserer Großeltern. Nicht einmal wie zu Zeiten unserer Eltern. Schlussfolgerung Reformen können keine einmalige Anstrengung sein. Sie müssen eine fortlaufende Anpassung und Neuausrichtung sein – mit kontinuierlichen Rückmeldungen, um den sich verändernden Realitäten gerecht zu werden. Wir können die Zukunft nicht mit Gewissheit voraussagen. Aber wir können Trends vorausahnen – und einer dieser Trends ist, dass wir auf das Zeitalter einer multipolaren Weltwirtschaft zusteuern. Hierbei handelt es sich nicht um einen Ausreißer, ein Strohfeuer. Wir leben nach wie vor in einer Welt der Nationalstaaten. Doch heute üben mehr Staaten Einfluss auf unser aller Schicksal aus. Zu diesen zählen sowohl Industrie- als auch Entwicklungsländer – aus allen Regionen der Welt. Das kann zu einem guten Ergebnis führen. Doch diese neue multipolare Wirtschaft nimmt gerade erst Konturen an. Und diese müssen geformt werden. Das moderne multilaterale System muss für diese Veränderungen gerüstet sein. Moderner Multilateralismus muss praxisorientiert sein. Er muss anerkennen, dass der Großteil der Staatsgewalt nach wie vor bei den Nationalstaaten liegt. Doch viele Entscheidungen und Einflussquellen stehen nur am Rande oder überhaupt nicht mit den Regierungen im Zusammenhang. Der moderne Multilateralismus muss neue Akteure mit ins Boot holen, die Kooperation zwischen alten und neuen Akteuren fördern sowie globale und regionale Institutionen für sich nutzen, um gegen Gefahren anzugehen und Chancen zu ergreifen, die das Leistungsvermögen einzelner Staaten übersteigen. Beim modernen Multilateralismus wird es keine gemütlichen kleinen Runden geben, aus denen mehr Länder ausgeschlossen sind als daran teilnehmen. Er wird eher eine ähnliche weltweite Ausbreitung haben wie das Internet und immer mehr Länder, Unternehmen, Personen und Nichtregierungsorganisationen durch ein flexibles Netz miteinander verbinden. Legitime und effektive multilaterale Institutionen, die mit genügend Mitteln ausgestattet und in der Lage sind, Ergebnisse zu erzielen, können eine Art „Bindegewebe“ bilden, das die skelettartige Architektur dieses dynamischen multipolaren Systems umschließt. Woodrow Wilson wünschte sich eine Liga der Nationen. Wir brauchen eine Liga der Netzwerke. Es ist an der Zeit, uns von überholten Vorstellungen wie der Ersten und der Dritten Welt, Führern und Geführten, Gebern und Bittstellern zu verabschieden. Wir müssen die Entwicklung hin zu mehreren Wachstumspolen unterstützen, die allen zugute kommen kann.